Nichtraucherschutz nichtig?

RAUCHVERBOT Kieler Gutachter nennt das Hamburger Gesetz „verfassungswidrig“: Die Unterscheidung zwischen Speise- und sonstigen Gaststätten schaffe Ungleichbehandlung. CDU und Grüne wiegeln ab

„Einzelne Gastwirte werden unsachgemäß stärker belastet“

Jurist Florian Becker

Der seit Anfang des Jahres geltende neue Nichtraucherschutz in Hamburgs Gaststätten ist möglicherweise verfassungswidrig. Zu diesem Schluss kam gestern der Ordinarius des Lehrstuhles für öffentliches Recht an der Universität Kiel, Florian Becker, in seinem Gutachten, das er für den Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga erarbeitet hat. Demnach sei die Regelung als Eingriff in das Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit „unverhältnismäßig, verfassungswidrig und deshalb nichtig“.

Die Hamburger Bürgerschaft hatte das ursprüngliche Gesetz im vergangenen Jahr geändert, nachdem das Bundesverfassungsgericht es für verfassungswidrig erklärt hatte. Wie Baden-Württemberg hatte Hamburg bei Ausnahmen von einem vollständigen Rauchverbot die Interessen der kleinen Eckkneipen nicht erfasst. CDU und Grün-Alternative Liste (GAL) verständigten sich auf einen Kompromiss: Derzeit ist das Rauchen nur noch in Kneipen bis zu 75 Quadratmetern erlaubt – sofern keine Speisen angeboten werden.

Für den Juristen Becker liegt hierin eine Ungleichbehandlung, diesmal von Kneipenbesitzern und den Betreibern von Speiselokalen: Die Unterscheidung zwischen getränke- und speisegeprägter Gastronomie führe dazu, „dass einzelne Gastwirte unsachgemäß stärker belastet werden als andere“, erklärte er. Zudem hätten Wirte, die im Vertrauen auf die frühere Regelung spezielle Raucherräume eingerichtet haben, Anspruch auf Schadenersatz.

Dehoga-Hauptgeschäftsführer Gregor Maihöfer sah die Auffassung seines Verbandes bestätigt: „Wir werden jetzt auf dem Rechtsweg versuchen müssen, diese Meinung durchzusetzen.“

Die Hamburger Regierungskoalition teilt diese Einschätzung nicht: Die GAL-Gesundheitsexpertin Linda Heitmann sagte, man habe in Hamburg eine „gute Regelung“. Die CDU warnte vor einem vollständigen Rauchverbot, sollte das Gesetz nochmals geändert werden müssen.  (dpa / taz)