ALEXANDRA MOSTYN ÜBER DIE REGIERUNGSKRISE IN TSCHECHIEN
: Alle Macht für Zeman

Nicht zum ersten Mal bestimmt politischer Verrat die Geschicke Tschechiens. Nach wochenlangem Tauziehen um das Recht, die Regierung zu stellen, haben nun zwei Hinterbänkler entschieden. Bei der Abstimmung am Mittwoch über die von Präsident Milos Zeman installierte Regierung unter Ministerpräsident Jiri Rusnok, enthielten sich zwei Abgeordnete der konservativen Bürgerpartei (ODS). Damit haben sie Rusnoks Regierung, die mangels parlamentarischen Rückhalts auch Zemans „Kumpelkabinett“ genannt wird, nicht weitergebracht – denn sie wurde, wie vorausgesagt, ohnehin nicht vom Parlament bestätigt; dafür haben sie aber die Opposition gegen Zeman zerschlagen, die wenigstens versuchte, der schleichenden Machtergreifung des Präsidenten Einhalt zu gebieten.

Die ehemalige liberal-konservative Koalition aus ODS, TOP 09 und Lidem verfügte nämlich vor dem „Verrat“ ihrer beiden Hinterbänkler über etwas, das Zeman und Co. nicht erreichen konnten: eine Mehrheit von 101 Abgeordneten. Nun wird sich das Abgeordnetenhaus selbst auflösen, es wird Neuwahlen geben. Das hätte es natürlich schon längst in die Wege leiten und so der Farce um Zemans „Kumpelkabinett“ ein Ende setzen können. Auf der rechten Seite des politischen Spektrums in Tschechien hatte man aber Angst. Umfragen sehen die einstigen Regierungsparteien unter der Fünfprozenthürde. Jetzt gibt es niemanden mehr, der den Machtmenschen Zeman aufhalten wird, am wenigsten die Sozialdemokraten. Dass Zemans einstige Partei die nächsten Wahlen gewinnen wird, ist schon lange klar. Die Frage ist nur, welche Sozialdemokratie wird das sein?

Denn Präsident Zeman ist eifrig dabei, sich die Partei gefügig zu machen und sie zu zerschlagen. Dabei beteuert er stets, er wolle das Land einen und die politische Situation stabilisieren. Das Gegenteil ist der Fall.