Opposition: Linssens Bärendienst

„Kulturkampf, Hardliner, Betonpolitik“ – SPD und Grüne attackieren CDU-Finanzminister Linssen. NRW betreibe ideologische Tarifpolitik im öffentlichen Dienst und sei zu wenig kompromissbereit. CDA will Streik debattieren

DÜSSELDORF taz ■ Für die NRW-Opposition erweist CDU-Finanzminister Hemut Linssen dem Land derzeit einen öffentlichen Bärendienst. SPD und Grüne kritisieren die Haltung Linssens im laufenden Tarifkonflikt mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. „Die Gewerkschaft hat sich bewegt, aber Linssen und seine CDU-Finanzminister betreiben Betonpolitik“, sagte der nordrhein-westfälische SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer gestern zur taz. Auch das Land müsse nach wochenlangem Streik im öffentlichen Dienst mehr Kompromissbereitschaft zeigen, so der Landtagsabgeordnete.

Linssen gehöre offenbar zum Lager der CDU-Ideologen, die mit ihrer starren Haltung die Tarifgemeinschaft der Bundesländer sprengen wollten, so die Grünen-Abgeordnete Barbara Steffens. Die „problematische ideologische Hardliner-Haltung“ des Düsseldorfer Finanzministers mache eine Einigung im Tarifstreit zwischen den Bundesländern und der Gewerkschaft fast unmöglich. Eine Schlichtung (siehe Infokasten) sei deshalb zur Zeit wohl wenig aussichtsreich, sagte Steffens.

Während in Baden-Württemberg ein Schlichtungsversuch zwischen kommunalen Arbeitgebern und Ver.di unternommen werden soll, scheitert dies beim Streik der Landesbeschäftigten derzeit vor allem an der Position der mehrheitlich CDU-geführten Landesregierungen. NRW-Kassenwart Linssen lehnte es bislang etwa strikt ab, einen Schlichter einzuschalten. „Von einer Schlichtung halte ich gar nichts“, sagte Linssen. Er sprach sich für eine zügige Wiederaufnahme der Verhandlungen aus. „Länder und Gewerkschaften sollten sich nach einer Denk- und Verschnaufpause schnell wieder zusammensetzen.“ Das Verhandlungsziel des Landes ist die generelle 40-Stunden-Woche im NRW-Dienst.

„Eine zeitnahe Verständigung ist nur noch über ein Schlichtungsverfahren zu erreichen“, sagte gestern SPD-Landeschef Jochen Dieckmann. Tarifverhandlungen seien „kein Kulturkampf“. Sie dürften „nicht denen überlassen bleiben, die den Eindruck erwecken, ihnen gehe es um eine Schwächung der Gewerkschaften“, so Dieckmann in Richtung Christdemokraten.

Sogar der Vorsitzende der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe, Gerald Weiß, setzte sich gestern für ein Schlichtungsverfahren ein: „Ein Schlichter wäre im objektiven Interesse, weil die Fronten so außerordentlich verhärtet sind“. Auch im CDU-Landesverband Nordrhein-Westfalen ist die kompromisslose Linie Linssens nicht unumstritten. Kaum ein CDU-Landespolitiker unterstützt öffentlich den Kurs des Ministers. Während andere CDU-Ministerpräsidenten wie Christian Wulff (Niedersachsen) und Dieter Althaus (Thüringen) fast täglich gegen Ver.di und den Streik Stellung beziehen, hält sich Nordrhein-Westfalens Regierungschef Jürgen Rüttgers zurück. Die CDU-Arbeitnehmer (CDA) wollen am 1. April bei ihrem Landestreffen in Krefeld über den Streik und die 40-Stunden-Woche debattieren. Ein CDA-NRW-Sprecher: „Es gibt Diskussionsbedarf und unterschiedliche Meinungen.“MARTIN TEIGELER

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