Zauberer an der Platte

„Ich möchte den Leuten etwas bieten“: Auch mit 40 Jahren schlägt sich Jan-Ove Waldner ganzgut durch. Der Schwede hat beim TTC Fulda-Maberzell für einen kleinen Tischtennis-Boom gesorgt

VON SEBASTIAN KRASS

Die Bundesligapartie gegen Jörg Roßkopf war ein Spiel, in dem Jan-Ove Waldner nicht zu schlagen war. Der Schwede trat im Januar für den TTC Fulda-Maberzell an, im Bundesliga-Heimspiel gegen den TTV Gönnern mit Jörg Roßkopf – der berühmteste Tischtennisspieler der Geschichte gegen die ehemalige Leitfigur des deutschen Tischtennis. Ein Duell, das die Zuschauer mitreißt. 1.000 waren gekommen und machten Lärm. Sie wollten die Waldner-Show sehen. Und sie bekamen sie. Waldner lieferte sich mit Roßkopf einen spektakulären Ballwechsel nach dem anderen. „In so einem Zuschauerbad steigert Jan-Ove sich richtig rein“, sagt Fuldas zweiter Vorsitzender Michael Hodes.

In diesen Momenten kommt zusammen, was das Phänomen Waldner ausmacht: sein einzigartiges Talent für den Tischtennissport und sein Siegeswille. Letzterer ist ein unzuverlässiger Gefährte in Waldners Karriere. Als der Wille besonders groß war, wurde der mittlerweile 40-Jährige Einzel-Olympiasieger 1992 und sechsmal Weltmeister, davon zweimal im Einzel. 2004 erreichte Waldner das Olympia-Halbfinale. Und natürlich gewann er auch das Bundesligaspiel gegen Jörg Roßkopf.

Wenn die Willensstärke schwand, wurde Waldner übergewichtig, lustlos oder er verlor sich in Clownereien, ähnlich wie die Tennisspieler Yannick Noah oder Henri Leconte. Im Moment ist er aber der alte Waldner. Als Nummer eins des Aufsteigers Fulda-Maberzell spielt der Schwede eine Saison, die ihm kaum jemand zugetraut hätte. Die weltweit stärkste Tischtennis-Liga führt ihn mit einer Bilanz von 14:11 Siegen, in der Rückrunde hat er erst drei von zehn Einzeln verloren. Nachdem Waldner seine Rückenprobleme in den Griff bekommen hat, wird er sich gedacht haben: Es läuft so gut, warum nicht noch ein Jährchen dranhängen? Am Dienstag wurde bekannt, dass er in Fulda für die kommende Saison unterschrieben hat. Sein Nationaltrainer überlegt nun sogar, Waldner für die Mannschafts-WM Ende April in Bremen zu nominieren, obwohl der vor einem Jahr seine internationale Karriere beendet hatte.

Für die Verantwortlichen seines Vereins ist Waldners Wechsel ein Segen. Mit ihm sorgte Fulda für Furore. Das Team spielte Unentschieden gegen Rekordmeister Düsseldorf und besiegte Gönnern. Der Aufsteiger hat den zweitbesten Zuschauerschnitt der Liga. „Wir hatten mit 400 bis 500 gerechnet, es kommen aber über 700“, freut sich Hodes. „Zum ersten Mal haben wir Kartenvorbestellungen.“ Vielleicht steigt der Schnitt wieder, wenn am Sonntag Tabellenführer Ochsenhausen zu Gast in Osthessen ist.

Die Geschichte, wie Waldner vor dieser Saison nach Fulda kam, ist schnell erzählt: Seinem Verein Plüderhausen wurde die Lizenz entzogen. Waldners Ausrüster wollte aber, dass der Schwede weiterhin im größten Tischtennis-Markt Europas präsent ist. Fulda arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit dieser Firma. Also wechselte Waldner.

Sieht man den Schweden spielen, dann steht zunächst kein Tischtennisprofi, sondern vor allem ein großer Entertainer des Sports an der Platte. „Ich möchte den Leuten etwas bieten“, sagt er. Damit meint er auch Siege, aber vor allem hin und wieder diese unglaublichen Schläge, die nicht viele können – und die nur er zeigt, wenn es um etwas geht.