Österreich bleibt der FPÖ fern

Nur magerer Zuspruch zu Volksbegehren gegen EU-Verfassung und Türkeibeitritt

WIEN taz ■ 258.277 Personen, das sind 4,3 Prozent der Wahlberechtigten, haben das von der FPÖ initiierte Volksbegehren „Österreich bleib frei“ unterschrieben. Es richtet sich gegen EU-Verfassung und Türkeibeitritt. Außerdem fordert es das Festschreiben der Neutralität in der Verfassung. In der Hitparade der bisher 32 Volksbegehren der zweiten Republik nimmt es den bescheidenen 21. Rang ein. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gab sich im Fernsehen dennoch begeistert: „Ein großartiger Erfolg. Toll. Ganz toll.“ Vor allem dankte er allen jenen, die gerne unterschrieben, aber wegen der widrigen Umstände Abstand genommen hätten. Nicht nur das winterliche Wetter sei schuld, dass nicht mehr Menschen den Weg in die Bezirksämter gefunden hätten. Viele Staatsbedienstete fürchteten laut Strache um ihren Arbeitsplatz. Ein Volksbegehren, das mindestens 100.000 Unterschriften erzielt, muss im Nationalrat diskutiert werden. Bindend ist es nicht.

Die ÖVP, die diese Provokation während der EU-Ratspräsidentschaft stets heruntergespielt hat, zeigte sich unbeeindruckt. Generalsekretär Reinhold Lopatka fand das Volksbegehren „unnötig“ und wies darauf hin, dass das Neutralitätsgesetz ohnedies Verfassungsrang genieße und Bundeskanzler Schüssel vor der Zustimmung zum EU-Beitritt der Türkei eine Volksabstimmung versprochen habe. Die Grünen sprachen von einem „Flop ersten Ranges“. Und auch Politologen und Meinungsforscher fanden das Ergebnis mittelmäßig bis schwach. Schließlich lehnen in Österreich fast 80 Prozent die Aufnahme der Türkei ab und die Neutralität genießt fast ungeteilte Zustimmung. Politologe Fritz Plasser: „Mit Blick auf den Aufwand, den die FPÖ getrieben hat, ist es eher mager.“ Rund eine Million Euro soll die auf Plakatwänden und in großflächigen Zeitungsannoncen geführte Kampagne gekostet haben. Plasser schließt allerdings nicht aus, dass sich das bei den Nationalratswahlen im Herbst doch noch auszahlen könne, weil die FPÖ die EU-Kritik zu einem Kernthema im Wahlkampf machen werde.

Überdurchschnittlich hoch war der Zuspruch in Wien und Oberösterreich, wo die FPÖ nach der Parteispaltung vor einem Jahr relativ intakte Strukturen bewahren konnte. Besonders schwach schnitt das Volksbegehren in Kärnten ab, wo die rechtspopulistische Ecke vom BZÖ Jörg Haiders besetzt ist.

RALF LEONHARD