Herr über Oldenburg

GRÜNKOHLKÖNIG ALTMAIER

Peter I., König von Oldenburg, gibt sich – nein, seinen Untertanen – die Ehre: Er besucht sein kleines plattes Reich im Nordwesten. Es ist der erste Besuch des amtierenden Grünkohlkönigs Altmaier in seiner Stadt, seit ihm deren bürgerlicher Machthaber, Oberbürgermeister Gerd Schwandner, die offizielle Amtsinsignie umgehängt hat: eine wuchtige Kette mit einem Messingschweinchen dran und den Namen aller bisherigen 55 Throninhaber. Im Februar war das, beim großen Grünkohl-Pinkel-Bier-Gelage in Berlin. Wo Altmaier die Kette am Mittwoch vermutlich auch versehentlich liegen lassen wird.

Zumindest einmal während seiner einjährigen Regentschaft soll sich der jeweilige Kohlkönig seinem ungewaschenen Volk vor Ort zeigen. Einige Vorgänger wählten dazu das Stadtfest: Da darf man mitunter das erste Fass anstechen und sich das erste Glas Freibier zu Gemüte führen. So machte es einst Philipp Rösler. Oder man kommt zum weihnachtlichen Lambertimarkt: Da ließ sich Altmaiers direkter Vorgänger Günther Oettinger eine Feuerzangenbowle schmecken.

Nicht so Peter Altmaier, der sich seiner niederen Herkunft als Umweltminister noch bewusst zu sein scheint – ein Amt, das ja sowieso nur selten mit Spaß zu tun hat. Seine Majestät, wie sie den Kohlkönig in Oldenburg nennen – nicht zu verwechseln mit Angehörigen des Herzogshauses, die mit „Königliche Hoheit“ anzusprechen sind – sieht die Sache eher als Dienstreise an: Statt in einer Parade über den Innenstadtring – zu solchem Anlass traditionell mit frischen Grünkohlblättern ausgelegt – führt ihn sein Weg zu einer Forschungseinrichtung, die vom Energieversorger EWE betrieben wird. Und statt majestätisch vom Schlossbalkon auf begeistert mit Pinkelwürsten wedelndes Volk herabzulächeln, trifft sich Altmaier mit Informatikern.

Bleibt der Abschluss der Stippvisite: Mit einem Mitglied des EWE-Vorstands – den wahren Herrschern über die Stadt – erklimmt Peter I. die Spitze des Fleiwa-Turms. Stimmig: Dieser ebenfalls der EWE gehörende Turm war einst Teil der hiesigen Fleischwarenfabrik, und ohne Fleisch ist wiederum der Oldenburger Grünkohl schwer vorstellbar.  MNO