Druck von oben: Schlüsseldienste geben auf

USA Unter Protest gegen Überwachung beenden zwei Anbieter verschlüsselter E-Mail-Dienste den Betrieb. Er wolle nicht „Komplize bei Verbrechen gegen das amerikanische Volk“ werden, sagt der Lavabit-Chef

BERLIN taz | Gleich zwei in den USA basierte Anbieter von verschlüsselten E-Mail-Diensten haben am Donnerstag ihren Betrieb eingestellt – in offenem Protest gegen die Überwachungspraktiken der US-Regierung. Zuerst verkündete am Donnerstagnachmittag Ladar Levison, Chef der Firma Lavabit mit Sitz in Texas, dass er den Dienst komplett vom Netz genommen habe. „Nachdem ich hart mit mir gerungen habe“, schreibt er, „habe ich entschieden, den Betrieb einzustellen. Ich wünschte, ich dürfte Ihnen die Beweggründe für meine Entscheidung im Einzelnen mitteilen. Das kann ich nicht. Der erste Verfassungszusatz sollte mir eigentlich die Freiheit garantieren, in Situationen wie dieser zu reden. Leider hat der Kongress Gesetze verabschiedet, die das untersagen.“

Lavabit, so heißt es, soll von NSA-Whistleblower Edward Snowden genutzt worden sein, um während seines fast vierwöchigen Aufenthalts im Transitbereich des Moskauer Flughafens Mailkontakt zu halten. Auch wenn Lavabit-Chef Levison das nicht explizit sagt, so deutet seine Wortwahl doch darauf hin, dass ihm entweder ein Beschluss eines der geheim tagenden Gerichte zugegangen ist, die aufgrund geheimer Gesetze geheime Beschlüsse fassen, oder ein entsprechender Brief der NSA. In jedem Fall muss er wohl zur Herausgabe der Daten genötigt worden sein – und hat dem nur durch Betriebsschließung entgehen können. Er habe vor der Wahl gestanden, entweder „zehn Jahre harte Arbeit aufzugeben und Lavabit zu schließen oder zum Komplizen bei Verbrechen gegen das amerikanische Volk“ zu werden.

Und er sagt: „Ich kann nur jedem dringend empfehlen, seine privaten Daten keinem Unternehmen anzuvertrauen, das irgendwie mit den Vereinigten Staaten verbunden ist.“

Stunden später gab auch Mike Janke, Geschäftsführung der in Maryland ansässigen Firma Silent Circle, das sofortige Ende seines Betriebes bekannt. In einem Telefoninterview sagte er, er habe den Server und alle darauf enthaltenen Daten zerstört: „Weg. Ich kann nichts wiederherstellen. Niemand kann das. Wir dachten, es wäre besser, den Ärger der Kunden auf uns zu nehmen, als gezwungen zu werden, alle Daten zu übergeben.“ Unter den Kunden von Silent Circle – die Firma bestand erst seit einem Jahr – sollen sich auch eine Reihe Regierungschefs befunden haben. Lavabit hatte nach eigenen Angaben von 2009 rund 140.000 Nutzer, darunter 70 Unternehmen. BERND PICKERT