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: Revolution ohne Verbündete

Der Chef hat gesprochen. Andreas Sturmowski lenkt keine fünf Monate die Geschicke der BVG, schon will er zusätzliche Tarifzonen einführen. Wer weit mit Bus und Bahn fährt, soll mehr zahlen als bisher; wer kurz unterwegs ist, neue Angebote bekommen. Sturmowski schlägt damit eine mittlere Revolution vor. Derlei Ideenreichtum ist in einem, vorsichtig gesagt, eher behäbigen Koloss wie der BVG begrüßenswert. Doch seine Vorschläge sind mit Vorsicht zu genießen.

Kommentar von ULRICH SCHULTE

Das Berliner Tarifsystem schert viele Fahrgäste über einen Kamm. Nichts spricht deshalb gegen eine sinnvolle Ausdifferenzierung. Ein günstiges Ticket, das nur für die Zone A innerhalb des S-Bahn-Rings gilt, käme zum Beispiel vielen Fahrgästen zupass. Viele kennen den Ärger, ein teures Ticket fürs ganze Stadtgebiet lösen zu müssen, obwohl das Ziel nur ein, zwei Stationen weiter als die Kurzstrecke ist.

Leider sind die Vorschläge nicht aus dem Willen entstanden, das BVG-Angebot aufzupolieren. Hinter der „Anregung“ (Sturmowski) verbirgt sich das verzweifelte Bestreben, dem hoch verschuldeten Landesbetrieb mehr Einnahmen zu sichern. Ausbaden müssten dies die Kunden. Deswegen spricht der Fahrgastverband von einer „verkappten Preiserhöhung“.

Sturmowski hat zwar Recht, wenn er darauf verweist, dass in Berlin lange Strecken im Vergleich zu anderen Städten günstig sind. Er vergisst aber, hinzuzufügen, dass die Landeszuschüsse für die BVG mit rund 420 Millionen Euro pro Jahr ebenfalls rekordverdächtig sind. Außerdem verdient der Durchschnittsberliner viel weniger als ein Frankfurter oder Münchener. Im Moment spricht viel dafür, dass Sturmowskis Traum ein Traum bleibt. Denn er hat alle Beteiligten, ob VBB oder andere Verkehrsbetriebe, mit dem Vorstoß überrascht. Auch für BVG-Chefs gilt: Wer eine Revolution will, sollte sich Verbündete suchen.

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