Saddam hält Rede an das Volk

Der ehemalige irakische Diktator sollte vor dem Sondertribunal als Zeuge aussagen

KAIRO taz ■ Der große Auftritt von Saddam Hussein dauerte gerade mal eine halbe Stunde. Eigentlich sollte der ehemalige irakische Diktator gestern erstmals die Gelegenheit erhalten, sich vor dem irakischen Sondertribunal ausführlich zu den gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe zu äußern. Doch der Richter brach die Sitzung nach einem heftigen Wortwechsel ab, mit der Begründung, Saddam Hussein nutze das Gericht als politisches Forum.

„Name: Saddam Hussein, Berufsstand: Präsident a. D.“, diktierte der Vorsitzende Richter Rauf Abdel Rahman zu Beginn ins Protokoll. Saddam ließ von Anfang an keine Zweifel daran, was er von dem Gericht hält. Den Prozess bezeichnete er in einer von ihm vorgelesenen Erklärung als ein „den Akt einer Komödie“. Er sei immer noch rechtmäßiger Präsident des Landes und Oberbefehlshaber seiner Armee, da die Invasion ausländischer Streitkräfte und die anschließende Besatzung illegal seien.

„Ich habe immer mein Bestes für mein Land getan, so wie ich es bei der Amtseinführung geschworen habe“, fuhr er fort. Dann wandte er sich an das irakische Volk, lobte den Widerstand gegen die Besatzung, warnte aber, nicht mit der Politik brennender Moscheen fortzufahren.

Der skeptisch dreinblickenden Richter stützte zunächst demonstrativ gelangweilt seinen Kopf in seine Hände. Nach 20 Minuten intervenierte er erstmals und warnte Saddam, dass er sich zu dem Vorwurf äußern solle, er sei für die Exekution von 148 Schiiten im Dorf Dudschail 1982 verantwortlich. „Das ist ein Gericht und kein politisches Podium“, warnte der Richter. Nachdem Saddam in gleichem Stil fortfuhr, ermahnte der Richter Saddam abermals: „Das ist ein Strafgericht, antworten Sie auf die Vorwürfe, und verteidigen Sie sich, anstatt eine politische Rede zu halten.“ Saddam entgegnete: „Wenn Sie das stört, dann wäre es am einfachsten, Sie erklärten politische Reden auch zu einem Verbrechen.“

Dann brach immer wieder der Ton bei der um 20 Minuten verzögerten Fernsehaufzeichnung ab. Saddam solle nicht über seine Probleme mit den Amerikaner reden, sondern sich zu der Exekution Unschuldiger äußern, war der Richter zwischendrin zu vernehmen, sichtlich mit seiner Geduld am Ende. „Das hier ist kein Gericht des Chaos“, fügte er hinzu. „Das hier ist überhaupt kein Gericht“, entgegnete Saddam lächelnd. „Respektiere dich selbst!“, warf der Richter wütend ein. „Du dich auch“, antwortete Saddam. „Weder du noch dein Vater haben mich hierher gebracht, sondern die Amerikaner.“ Der Richter hatte dann endgültig genug: „Von jetzt an ist das eine geschlossene und geheime Sitzung“, lautete sein letzter Satz, dann brach die Fernsehaufzeichnung ab. Das Verfahren wird am 5. April fortgesetzt.

KARIM EL-GAWHARY