Staat kassiert bei Biokraftstoffen

Bundeskabinett beschließt Entwurf für Energiesteuergesetz. Steuern auf Biodiesel und Pflanzenöl werden ab August fällig. Auch Heizen mit Kohle wird etwas teurer. Begünstigung für Erdgas und Bioethanol bleibt. Staat rechnet mit 226 Millionen Euro

VON TARIK AHMIA

Das Finanzministerium will am Boom der Biokraftstoffe künftig mitverdienen. Gestern verabschiedete das Bundeskabinett ein neues Gesetz zur Energiebesteuerung: Ab dem 1. August werden pro Liter Biodiesel an der Zapfsäule 10 Cent Steuern fällig; 15 Cent werden für Pflanzenöl und jeden Liter Biodiesel erhoben, der fossilem Diesel beigemischt wird. Bisher fällt für Biokraftstoffe keine Mineralölsteuer an, die für normalen Diesel 47 Cent beträgt.

Das Gesetz zielt aber nicht nur auf Biokraftstoffe ab. Es soll eine gesetzliche Grundlage zur Besteuerung aller Energieträger schaffen. Damit setzt das Finanzministerium eine EU-Energiesteuerrichtlinie um, die seit zwei Jahren überfällig ist. Sie umfasst neben den Biokraftstoffen auch Kohle und Gas. Große Änderungen soll das Gesetz hier aber nicht bringen. „Im Vordergrund steht die vereinheitlichte Systematik“, sagte Barbara Hendricks, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Das Gesetz werde das Mineralölsteuergesetz ablösen. „Insgesamt wollen wir aber keine Mehreinnahmen erzielen.“ Trotzdem rechnet sie für dieses Jahr mit zusätzlichen 50 Millionen Euro; im nächsten Jahr sollen es 226 Millionen Euro sein.

Zur Begründung verweist Hendricks auf den Biokraftstoffbericht der Bundesregierung, der ermittelt hat, dass Biodiesel mit 5 bis 10 Cent pro Liter zu stark gefördert würde. „Wir schöpfen überhöhte Gewinne der Biodieselproduzenten ab.“ Karin Retzlaff vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie hält dagegen: „Der Steuersatz ist unangemessen hoch. Wir können nur hoffen, dass die Branche überleben kann.“

Für die Planungssicherheit der Biodieselbranche ist aber gesorgt. Im Finanzministerium ist ein weiteres Gesetz in Arbeit, nach dem fossiler Diesel ab 1. Januar 2007 5,75 Prozent Biodiesel enthalten muss. Das würde etwa die Hälfte der Produktionskapazität von 3 Millionen Tonnen Biodiesel abdecken, die bis Ende 2006 zur Verfügung steht. Die Beimischungspflicht ist praktisch eine Absatzgarantie für die Biodieselwirtschaft. Allerdings ist noch unklar, ob das Gemisch mit 15 Cent oder mit 47 Cent belegt wird.

Die Kohlewirtschaft muss sich wegen des neuen Gesetzes keine Sorgen machen. Kohle wird zwar steuerpflichtig – aber nur theoretisch. 90 Prozent der Stein- und Braunkohle werden zur Stromerzeugung eingesetzt. Sie bleibt in Zukunft ebenso wie alle anderen Energieträger steuerfrei, die der Stromproduktion dienen. Lediglich auf Kohle, die ausschließlich zum Heizen verwendet wird, müssen 33 Cent pro Gigajoule Energie bezahlt werden. Das ist der niedrigste Steuersatz, der nach EU-Recht zulässig ist. Aufs Jahr gerechnet entspricht dies etwa 24 Euro für einen 4-Personen-Haushalt, der ausschließlich mit Kohle heizt.

Das neue Energiesteuergesetz ist aber voller Ausnahmen. Steuerfrei bleibt etwa Bioethanol als Kraftstoff. Es wird im Gesetz gar nicht erst erwähnt. Auch Land- und Forstwirte, die Biodiesel verwenden, müssen in Zukunft keine Steuern dafür zahlen.

Einen vorläufigen Sieg hat auch die deutsche Erdgaslobby errungen. Entgegen dem bisherigen Entwurf werden die Kraftstoffe Erdgas und Flüssiggas weiterhin unterschiedlich gefördert, obwohl sie nach EU-Empfehlungen gleich behandelt werden sollten. In Deutschland soll Erdgas bis 2020 steuerfrei bleiben, während Flüssiggas bereits ab 2010 steuerpflichtig wird. Detlef Brendel vom Deutschen Verband Flüssiggas sieht den jetzigen Entwurf aber gelassen: „Wir gehen davon aus, dass letztlich faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Erdgas und Flüssiggas beschlossen werden.“ Sicher ist nur: In den zuständigen Ausschüssen des Bundestags wird in den nächsten Wochen noch kräftig um die Details gefeilscht.