Kummerkasten für die Truppe

So ein Wehrbeauftragter muss das Ohr an der Truppe haben, ihm sollen die Soldaten vertrauen. Dann muss er der Öffentlichkeit glaubwürdig berichten, wie es der Bundeswehr geht und wo der Stiefel drückt. Er muss also einen Tonfall finden zwischen Einfühlsamkeit und Seriosität. Letztere wird Hellmut Königshaus ganz sicher niemand absprechen. Aber Einfühlsamkeit?

Der 59-jährige FDP-Abgeordnete aus Berlin, der gestern im Bundestag zum neuen Wehrbeauftragten gewählt wurde, ist geradezu das Sinnbild des trockenen Juristen. Im Kundus-Untersuchungsausschuss stehen die Abgeordneten ersichtlich unter dem Druck, die detailverliebte, streng regulierte Ausschussarbeit mit dem Auftritt vor den Medien zu verbinden, die ja immer auch eine politische, gern polemische Einordnung verlangen. Nur Königshaus scheint das nicht so zu gehen. Muss er sich vor Kameras äußern, schaut er an ihnen vorbei, referiert die Rechtslage und hat auch sonst kein Interesse zu gefallen.

Königshaus war in seinen sechs Jahren im Bundestag zwar nicht Verteidigungspolitiker, sehr wohl aber in mehreren Untersuchungsausschüssen. Vielleicht gelingt es ihm auch deshalb, im aktuellen Kundus-Untersuchungsausschuss einige der Fragen zu stellen, die aus den Zeugen die interessantesten Antworten hervorlocken.

Als Königshaus den Exgeneralinspekteur Wolfgang Schneiderhan zur – falschen – Pressemitteilung befragte, wonach es bloß 56 tote Taliban nach dem Luftangriff gegeben habe, sagte Schneiderhan: „Es gab schon einen Krieg“ – mit dem Chef der Ministeriumspressestelle Thomas Raabe. Solch offene Worte hört man aus dem Regierungsapparat selten. Vielleicht ist es gerade der sonore Ton von Königshaus, in dem stets eine ironische Verwunderung über die Aufgeregtheit der Welt zu stecken scheint, der die Menschen vertrauensvoll Auskunft geben lässt. Dann wäre er doch am richtigen Platz als Wehrbeauftragter.

Aber nicht alle im Bundestag schienen dies gestern so zu sehen: Immerhin 163 Neins gab es bei der Wahl des ersten Wehrbeauftragten, der auch „gedient“ hat. Der Ausschuss muss jetzt übrigens auf ihn verzichten.

ULRIKE WINKELMANN