US-STRATEGIE: DER IRANKRIEG BLEIBT IN WASHINGTONS KÖPFEN
: Neues Papier und alte Lügen

Die aktualisierte „Nationale Sicherheitsstrategie“ der USA bedeutet keinerlei Bruch mit der Militär- und Außenpolitik der Bush-Regierung seit 2001. Schon von der Wortwahl klingen viele Kapitel wie eine Zusammenführung des letzten Strategiepapiers aus dem Jahr 2002 – damals war der Begriff des „präemptiven“ militärischen Handelns als Schlüsselidee formuliert worden – und der „Freiheits“-Rede des US-Präsidenten bei der Amtseinführung nach seiner Wiederwahl Anfang 2005.

So viel Kontinuität könnte Verlässlichkeit ausdrücken, hätte die US-Regierung zwischen beiden Strategiepapieren nicht einen mit Lügen begründeten Irakkrieg vom Zaun gebrochen. Und wäre da nicht der aktuelle Konflikt mit dem Iran. Als klare Anleitung zu einem kommenden Irankrieg ist die Strategie nicht zu lesen. Aber zusammen mit den jüngsten Angriffen der Bush-Regierung auf die iranische Regierung macht das Papier doch deutlich, dass die so genannte militärische Option wider alle Vernunft prominent in den Köpfen führender US-Strategen herumgeistert.

Nach dem 11. September war der Präemptiv-Gedanke, also die vorauseilende Abwehr potenzieller Gefahren, noch irgendwie verständlich, wenngleich schon vom Ansatz her imperial und mit dem Völkerrecht nicht in Einklang zu bringen. Die Strategie erschien schon damals so, als ob sie vor allem den gewollten Irakkrieg gegenüber der eigenen Bevölkerung rechtfertigen wollte. Dass jetzt, genau in der Phase der Zuspitzung des Irankonflikts, die gleiche Argumentation noch einmal aufgeboten wird, stellt die Intelligenz der Weltöffentlichkeit auf eine harte Probe.

Es ist jetzt an den Partnern der USA und den Mitgliedern des Weltsicherheitsrates, dem Missbrauch des obersten UN-Gremiums genauso entgegenzutreten wie vor dem Irakkrieg 2003. Dass vom Iran, im Unterschied zum Irak seinerzeit, womöglich irgendwann tatsächlich die Gefahr einer atomaren Bewaffnung ausgeht, macht die Sache nicht leichter – den selbst verschuldeten Glaubwürdigkeitsverlust der westlichen Führungsmacht hingegen umso gravierender. BERND PICKERT