Frauen in Kriegen weiter in die Opferrolle gedrängt

UN Resolution 1325 sollte Frauen zu Akteurinnen machen. Die Bilanz nach 10 Jahren ist negativ

BERLIN taz | Das Bemühen der Vereinten Nationen, mehr Frauen am Management von Konflikten zu beteiligen, war bisher nicht erfolgreich. So lautet die Bilanz, die eine Reihe von NGOs in Berlin zum 10-jährigen Bestehen der entsprechenden Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats zog. Deren Umsetzung sei leider „katastrophal“, so Ute Scheub vom „Frauensicherheitsrat“, der die Tagung mit dem Ost-West-Frauennetzwerk Owen organisierte.

In den 22 Friedensprozessen seit 1992 seien nur 7,5 Prozent der Verhandelnden weiblich gewesen. Um diesen Anteil zu erhöhen, sollten die Staaten „Aktionspläne“ entwerfen: Lediglich 17 der 192 UN-Staaten taten dies, darunter viele europäische Länder. Deutschland allerdings ist nicht dabei.

Die Resolution 1325 thematisiert, dass in kriegerischen Konflikten für eine Hälfte der Bevölkerung das Gewalttabu fällt, während die andere Hälfte dieser Aggression waffenlos ausgeliefert ist. Wenn nach dem Krieg die Gesellschaft neu aufgebaut wird, sollte dieses extreme Geschlechterverhältnis ausgeglichen werden. Denn Frauen, die oft nicht unter Waffen standen, könnten die Kriegslogik im Zivilen leichter überwinden.

So waren es im Kosovokonflikt vor allem Frauengruppen, die über alle ethnischen Grenzen hinweg kooperierten. Den Männern, die sich gerade noch beschossen hatten, war das weniger leicht möglich. Auch die tschetschenische Gesellschaft behielt dieses extrem asymmetrische Geschlechterverhältnis aus dem Krieg bei. Nach dem Krieg wurde Jagd auf Frauen gemacht: Es tauchten Fotos in den Zeitungen auf: „Diese Frau trägt ein T-Shirt und kein Kopftuch. Wie können tschetschenische Männer zulassen, dass unsere Frauen so herumlaufen?“ Der Krieg war vorbei, aber die Aggressionen der Männer waren noch da. Sie richteten sich auf die Frauen. Elf Aktivistinnen sind in Tschetschenien ermordet worden, Natalja Estemirowa ist nur die Bekannteste von ihnen.

Das Auswärtige Amt übrigens erklärte, dass man bereits einen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen habe und deshalb keinen weiteren benötigte. Das aber, kritisiert Scheub, sei ein Plan für die Opfer, nicht für Akteurinnen, die solche Opfer verhindern könnten. HEIDE OESTREICH