„Ein menschliches Drama“

LESUNG Vom Wettkampf zur Emotion: Ronald Reng über die Geschichte der Fußball-Bundesliga

■ 43, ist Journalist und Buchautor und lebt in München. Bekannt geworden ist vor allem seine Biographie von Robert Enke. Foto: dpa

taz: Herr Reng, der 50. Geburtstag der Fußball-Bundesliga wird groß gefeiert. Was hat die Bundesliga so populär gemacht?

Ronald Reng: Das Privatfernsehen. Ende der 1980er-Jahre haben Leute wie Rupert Murdoch und Leo Kirch gemerkt: Fußball eignet sich extrem gut als Unterhaltung für die ganze Gesellschaft. Als menschliches Drama vom Siegen und Verlieren. Fußball wurde als emotionales Ereignis aufbereitet und nicht nur als sportlicher Wettkampf. Seitdem sind die Zuschauerzahlen extrem gestiegen. Das Privatfernsehen hat es geschafft, Fußball zu einem Spiel zu machen, für das sich auch Leute interessieren, die sich eigentlich nicht für Fußball interessieren.

In Ihrem Buch „Spieltage“ erzählen Sie die Geschichte der Bundesliga am Beispiel des ehemaligen Spielers und Trainers Heinz Höher. Was ist beispielhaft an dessen Leben für die Entwicklung der Bundesliga?

Höher war beispielsweise 1963 Spieler beim Bundesligisten Meiderich. Es war damals eine Riesen-Nummer, dass er aus dem 55 Kilometer entfernten Leverkusen verpflichtet wurde. Sonst spielten bei Meiderich nur Leute, die aus Meiderich kamen.

Höhers letzter Job war beim 1. FC Nürnberg, wo er 1988 Manager wurde. Damals wurde die Bundesliga erst 25. Fehlen Ihrem Buch die letzten 25 Jahre?

Nein, Höher konnte sich nie lösen vom Fußball, auch, als er nicht mehr in der ersten Reihe mit dabei war. Er hat sich immer als Teil der Bundesliga begriffen und wie viele verzweifelt versucht, zurückzukommen. Er hat zum Beispiel junge Spieler trainiert und in die Bundesliga gebracht. Und er hat Versuche gestartet als Trainer: In Lübeck ist er umgekippt wegen Medikamentenmissbrauch.

Welcher Entwicklung sollte die Bundesliga entgegentreten, wenn Sie auch noch in 50 Jahren populär sein will?

Gegenüber England und Spanien hat die Bundesliga große Pluspunkte, weil sie erkannt hat, dass die Zuschauer ein Teil der Bundesliga sind. Die Zuschauer werden in Deutschland eher noch als Fans behandelt, nicht als Kunden wie in England und Spanien. Das Vereinswesen ist in Deutschland auch noch viel stärker. Bei aller Kommerzialisierung hat die Bundesliga diesen Faktor nicht vergessen. Es ist wichtig, dass keine Entfremdung vom Publikum stattfindet. INTERVIEW: KLAUS IRLER

50 Jahre Bundesliga – Lesung und Gespräch mit Ronald Reng und Christoph Biermann: 19.30 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38