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DIE WERBEPAUSESo what?

Das Handy ist überholt? Tja, holt man sich halt fix ein Neues. Die Klamotten sind, na ja, nicht gerade alt, aber, nun ja, man gönnt sich ja sonst undsoweiterundsofort? Neue Kleider gibt’s genug, und billig genug. Bei Amazon oder Zalando für 200 Euro einkaufen macht Spaß– man kann danach ja 80 Prozent zurückschicken. So what? Keine Zeit mit Mangelware zu verschwenden, wir sind freie Menschen.

Apropos Menschen: Diese kann man übrigens auch schnell ersetzen und umtauschen. Gar kein Problem. „Die Neue. Kommt schneller als die Alte, ist besser gebaut und macht, was man ihr sagt.“ So wirbt die nur online erscheinende Lokalzeitung Neue Nordhäuser Zeitung (NZZ) mit einem Bildschirmhintergrund zum Download auf ihrem Portal. Klar, warum auch beim Gewohnten verweilen, wenn die Konkurrenz besser ist? Keiner hat schließlich Bock, Jahre damit zu verschwenden, den G-Punkt zu suchen, wenn die Neue überzeugender vortäuscht als die Alte. Und wieso sich mit einer rebellischen Zicke abgeben, die ständig aufbegehrt, wenn die Neue einfach auch mal die Klappe hält und nicken kann und dabei gut ausschaut? Mut zu pragmatischem Entrümpeln nennt man das wohl. Man könnte freilich auch sagen: Da wird die Umtausch-und-Wegwerfmentalität einer Konsumgesellschaft auf die sexistische Spitze getrieben.

Dabei gibt es im Fall der Neuen Nordhäuser Zeitung eigentlich noch nicht einmal eine „Alte“, auf die man sich beziehen könnte. Die Neue ist und war eigentlich die Einzige: Das Onlineportal existiert seit 2000. Eine direkte, gedruckte Vorgängerzeitung gab es nie, lediglich eine Nordhäuser Zeitung, die während der Nazizeit verboten wurde – wie so viele andere Zeitungen schließlich auch – und die nach der Wende nochmals sechs Jahre lang erschien. Diese Zeitung hat aber, bis auf den Namen, nicht viel mit dem thüringischen Online-Newsportal zu tun. Übrig bleibt also purer Sexismus. Aber mal davon abgesehen: Für eine angeblich bessere „Neue“ sind die Tittchen auch echt mal zu klein.

ANIKA MALDACKER

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