VEB Musical macht in Bremen weiter

Der Betrieb des Musicaltheaters durch die städtische Veranstaltungsgesellschaft ist so erfolgreich wie alternativlos: Jahrelang wurde ein privater Träger gesucht. Nun will die Stadt das Haus weiterhin in städtischer Regie führen

Bremen ist jetzt offiziell Musicalbetreiberin. Mit der Entscheidung, der städtischen HVG (Hanseatische Veranstaltungs Gesellschaft) den Betrieb der Veranstaltungsstätte dauerhaft zu übertragen, kippte die Wirtschaftsdeputation jetzt einen Grundsatzbeschluss von 2003. Diesem zufolge sollte ein privater Betreiber gefunden werden. Nach dem unrühmlichen Ende von „Jekyll & Hyde“ sowie „Hair“ – das Powerflower-Spektakel meldete sich 2002 insolvent – hatte die HVG die Geschäfte lediglich kommissarisch übernommen, um Leerstand zu vermeiden.

Die Betreibersuche erwies sich allerdings als schwierig. 2004 sprang die Hamburger „Stage Holding“ nach bereits weit gediehenen Verhandlungen ab, erst kürzlich fing sich Bremens Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek (CDU), bei dem die HVG ressortiert, eine weitere Absage ein: Andrea Friedrichs, die „Robin Hood“ in Bremen zur Uraufführung gebracht hatte, zog sich ebenfalls in letzter Minute vom angepeilten Vertrag zurück.

Hintergrund waren offenbar die Boykottdrohungen der Konkurrenz. Unter ihnen gab es etliche nicht zum Zuge gekommene Mitbewerber um die Übernahme der Spielstätte. Die Senatsbehörde ihrerseits musste später zugeben, dass eine öffentliche Vergabe-Ausschreibung rechtlich notwendig ist – die hatte man sich bei den bisherigen Runden gespart. Der nunmehr beschlossene Verbleib der Spielstätte unter Regie der HVG gewährleistet nach Kastendieks Worten die „Neutralität“ der Bespielung. Anders ausgedrückt: Kein Tournee-Beschicker muss fürchten, bei Terminen und anderen Konditionsfragen benachteiligt zu werden. Zudem sei so die Vielfalt der Veranstaltungen sicher gestellt.

Die HVG organisierte im vorigen Jahr 187 Aufführungen, von „Cats“ über „Stomp“ bis zu Max Raabes „Palastrevue“. Trotz weniger nachgefragter Angebote wie „Heidi“ und „Bagdad Café“ – letzteres kam gar nicht erst zur Aufführung – konnte die HVG mit einer Gesamtauslastung von 65 Prozent in 2005 ein respektables Ergebnis vorweisen. Insgesamt kamen 170.000 zahlende BesucherInnen, nur fünf Prozent weniger als erhofft.

Nach Angaben der HVG ist der Betrieb damit kostendeckend möglich, was auch die Mietzahlungen an die Eigentümer von der Frankfurter Korn-Arend-Gruppe beinhalte. Die Abzahlung der Umbaukosten des früheren Zentralbads – bis 2017 jährlich 2,3 Millionen Euro – steht freilich auf einem anderen Blatt, ebenso die Tilgung der Sozialplankosten in Höhe von 435.000 Euro aus der Endphase von „Jekyll & Hyde“. Trotzdem scheint das Musicaltheater eines der ökonomisch erfolgreichsten Projekte der HVG zu sein, die durch ihre Engagements unter anderem für Galopprennbahn und Stadthalle 2005 ein Defizit von etwa 3,5 Millionen Euro erwirtschaftete – mit der Konsequenz, dass das erst 2003 um 9,2 Millionen Euro aufgestockte Eigenkapital auf rund 4,7 Millionen Euro geschmolzen ist. Unter diesen Umständen stimmten selbst die Grünen, die die Musical-Übernahme durch die HVG seinerzeit als „schlechten Scherz“ bezeichnet hatten, jetzt dem Weiterbetrieb zu.

Nichtsdestotrotz hat sich der Wirtschaftssenator eine Hintertür offen gehalten: „Mittel- bis langfristig“ sei eine Vergabe des Musicaltheaters an private Betreiber „keineswegs ausgeschlossen“. Frühestens jedoch Anfang 2008. HENNING BLEYL