weinprobe
: Der Berg ruft – mit Säure, Süße, Beeren und Gewürzen

EDITION „B“

Klar, im Rheingau ist Riesling König, und bei Breuer findet man allein aus den Rüdesheimer und Rauenthaler Spitzenlagen ein ganzes Riesling-Königreich (Schlossberg! Berg Roseneck! Berg Rottland! Nonnenberg!). Was mich aber soeben bei der Probe der aktuellen 2004er-Kollektion am meisten verblüfft hat, waren die beiden Grauburgunder des Hauses. Die Sorte, deren Weine andernorts oftmals schwer und behäbig daherkommen, wo sie nicht aufgrund massenhafter Erträge und hochindustrieller Fertigung jeden Charakter eingebüßt haben, zeigt sich hier frisch und klar im Duft, hoch in der Reife, dicht im Geschmack und animierend im Trunk. Wie kann das sein? Bei Breuer sind Burgunder „Berg“-Weine. Sie stammen aus den am höchsten gelegenen Parzellen des Rheingaus, nämlich vom „Drachenstein“ – und damit von dort, wo die vom Rhein hinaufsteigenden Lagen eine Mütze tragen: die Waldmütze des Taunus. Hier oben, in durchschnittlich 250 Meter Höhe, ist der Boden karg, die Luft frisch und die Sonne lässt die Trauben langsamer und gleichmäßiger ausreifen als unten am sandigen Rheinufer. Vor allem aber bewahrt die vor Frösten ungeschützte Lage den Trauben die lebensnotwendige Säure. „Wir lesen nach Säurewerten, nicht nach Zuckergehalt“, sagt Heinrich Breuer und ergänzt: „Lieber etwas zu früh als etwas zu spät.“ Das Resultat: Die Standard-Version ist furios – extraktsüß, mineralisch, eleganter Krafteinsatz – (17 €). Von überwältigender Reichhaltigkeit und vornehmer Eleganz hingegen ist die limitierte, für viele Jahre der Kellerlagerung geeignete Barrique-Edition „B“. 2004 Grauer Burgunder, Weingut Georg Breuer (Rüdesheim/Rheingau), 22 €. Bezugsquellen nennt das Weingut Breuer, Tel. (0 67 22) 10 27, info@weingut-breuer.com.

PORPHYR

Noch ein Bergwein, dieses Mal aus Südtirol, genauer: aus Auer und Gries bei Bozen. Der auf roten, leicht erwärmbaren Porphyrböden (sagen Sie einfach: Vulkanböden) gewachsene Lagrein ist einer der schönsten Rotweine Italiens. Zumindest, wenn man die vom Gambero Rosso im Februar in Berlin vorgestellten Weine zum Vergleich heranzieht, die der Weinführer Vini d’Italia 2006 (Hallwag, 29,90 €) mit der Höchstbewertung, den berühmten „Drei Gläsern“, ausgezeichnet hat. Die Terlaner Kellerei verfügt in besten Bozener Lagen über einen mitunter sehr alten, bis zu 100-jährigen Rebbestand an Lagrein. Dabei handelt es sich um eine dunkle, fruchtintensive und würzige Rebsortenspezialität, die es nur in Südtirol gibt, wo ihr stilistisches Spektrum vom rustikalen Jausenwein bis zum konzentrierten Spitzenwein reicht. Selten aber ist ein Lagrein von einer derart intensiven Spannung und vielschichtigen Eleganz wie der „Porphyr“ des Jahrgangs 2002. Im Duft an Kirschen, Waldbeeren, Nelken und andere Gewürze erinnernd, zeigt er sich am Gaumen seidig, ausgewogen und finessenreich wie ein feiner Burgunder, der ganz ohne kitschigen Puccini-Schmelz auskommt. Aber Südtirol ist ja auch nicht Lucca oder Neapel. Sondern eine Raststätte zwischen Rom und Rüdesheim. 2002 „Porphyr“ Südtiroler Lagrein DOC, Kellerei Terlan (Terlan/Südtirol), 25,79 €. Bezugsquelle: jede bessere Karstadt- und Kaufhof-Filiale. (Ist der Wein ausverkauft: Die Filiale kann den Wein innerhalb kürzester Zeit nachordern.) STEPHAN REINHARDT