„Man war weiter als heute“

Das St. Pauli Theater eröffnet ein 20er Jahre-Festival

■ ist Regisseur und Intendant am St. Pauli Theater. Zuvor wirkte er unter anderem an den KammerspielenFoto: Theater

taz: Herr Waller, was sagen uns die 1920er Jahre heute?

Ulrich Waller: Die 20er Jahre waren in der Geschichte Deutschlands die Jahre, in denen man sich am meisten getraut hat. Man war in der Unterhaltungskultur viel weiter als heute.

Inwiefern?

Man hat formal Sachen ausprobiert. Film war ein Medium, das gerade entdeckt wurde. Es gab die Verbindung von Theater und Film. Die Kunst hat sich sehr viel politischer verstanden, als das dann in der Nazizeit und in den 1950er Jahren der Fall war. Die Art, wie man Texte geschrieben hat, wie man im Theater mit dem Publikum gespielt hat: Da hat man Sachen ausprobiert, an die man sich nach dem Krieg mühsam zu erinnern versuchte.

War die Kunst aber nicht eher in Berlin und München zu Hause als in Hamburg?

Hamburg ist damals ein bisschen hinterhergehinkt. Aber in Hamburg hat es bestimmte Künstler gegeben, Gustav Gründgens und Fritz Körtner waren zu der Zeit hier. Gründgens hat sich in Hamburg ausprobieren können, bevor er nach Berlin ging und zum Star wurde.

Mit einer Sammlung von Texten und Liedern eröffnen Sie heute ein Festival mit insgesamt rund 80 Veranstaltungen. Wer hat das alles initiiert?

Die Reemtsma-Stiftung. Es ist der Versuch, ein spartenübergreifendes Festival auf die Beine zu bringen, nachdem alle Ideen der Stadt dafür mangels Geld wieder verschwunden sind. INTERVIEW: KLI

„Himmel auf Zeit“-Eröffnung: 20 Uhr, St. Pauli Theater www.himmelaufzeit.de