KOMMENTAR: EIKEN BRUHN ÜBER DAS VERDRÄNGEN SEXUELLER GEWALT
: Fahrlässiges Verhalten

Die Bremer Sportvereine reagieren nicht anders als der Rest der Gesellschaft. Für die allermeisten Deutschen ist sexualisierte Gewalt etwas, von dem sie in der Zeitung lesen. Das passiert in der katholischen Kirche, allzu liberalen Reformschulen, armseligen Vorstadtsiedlungen – auf jeden Fall weit weg, niemals im eigenen Umfeld.

Dass man sich ein solches Verbrechen in der Nähe nicht vorstellen mag, ist verständlich. Es zu verdrängen, wie dies die Mehrzahl der Bremer Sportclubs tut, ist fahrlässig. Ein missbrauchtes Kind, das die Einstellung „Bei uns gibt’s das nicht“ vermittelt bekommt, hält sich für einen Außenseiter und wird sich niemand anvertrauen. „Selbst schuld, wenn dir so was geschieht“, muss es denken.

Täter profitieren vom Schweigen der Erwachsenen, die nichts sagen, aus Sorge, damit die Schule, den Jugendclub, den Schwimmverein in Verruf zu bringen. Nach dem Motto: „Wenn wir eine Fortbildung zu dem Thema machen oder Broschüren auslegen, denken die Eltern am Ende, wir hätten allen Grund dazu und melden die Kinder ab!“ Dabei sind Kinder in Sicherheit in einem Verein wie TV Eiche-Horn oder TSV Osterholz-Tenever, dessen Vorsitzende sogar das Tabu bricht, öffentlich einen Fall zu benennen. Und damit die anderen Lügen straft.

Nun kann man aber die Schuld nicht allein bei den Sportvereinen und ihren ehrenamtlichen Vorständen abladen. Die beiden Positiv-Beispiele machen deutlich, dass sie Unterstützung vom Landessportbund brauchen. Doch der hält sich vornehm zurück. Verteilt 2008 gerade einmal einen „Ehrenkodex“ an die Vereine und vergisst ihn dann. Von 1998 bis 2006 war übrigens die derzeitige Frauen- und Jugendsenatorin Ingelore Rosenkötter Präsidentin des Landessportbunds.