ZUR INTERVENTION IM KONGO BRAUCHT DIE EU KLARERE ZIELE
: Wahlen schützen, nicht Eigeninteressen

Die ursprüngliche Intention war ehrenvoll. Weil die geplanten freien Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo ein historisches Ereignis sind und die UN-Mission im Land jetzt schon am Rande ihrer Kräfte steht, sollte die EU Soldaten schicken, um die Wahlen absichern zu helfen. Dafür gibt es viele Gründe: Der Erfolg des Friedensprozesses im Kongo und damit des Friedens in Afrika insgesamt hängt ab von einer fairen, friedlichen Wahl – aber die Voraussetzungen dafür sind schlecht. Im Vorlauf der Wahlen zerlegt sich allmählich Kongos Übergangsregierung, weil ihre Führer lieber Wahlkampf machen. Die Armee tritt privaten Milizen nicht wirkungsvoll entgegen. Und die parteipolitische Landschaft ist so zerfasert, dass überall Machtkämpfe drohen.

Aber nun soll ausgerechnet Frankreich, der engste außerafrikanische Verbündete von Kongos Präsident Joseph Kabila, den Einsatz vor Ort leiten und sichtbare Präsenz in Kinshasa zeigen. Und das auch noch mit ausdrücklicher Einladung Kabilas, denn das macht Deutschland zur Bedingung einer Teilnahme. Die Deutschen wiederum hätten es am liebsten, sie könnten im Kongo eingreifen, ohne den Fuß auf kongolesischen Boden setzen zu müssen. Andere EU-Länder zieren sich. Und die EU selbst ist nicht einmal in der Lage, ein Eingreifkonzept mit nachprüfbaren Zielen vorzulegen. Geht es um den Schutz von UN-Soldaten? Von ausländischen Wahlbeobachtern? Geht es um Evakuierung? Um Polizeifunktionen? Nichts davon ist klar.

Wer dafür sorgen will, dass Kongos Wahlen frei und fair ablaufen, muss an anderen Stellen ansetzen: Die Einschüchterung der Wähler durch Warlords und Sicherheitskräfte muss aufhören. Hasspropaganda in den Medien muss entschlossen begegnet werden. Eine rigorose Überwachung der Wahlkampffinanzierung muss verhindern, dass die Mächtigen Staatsgelder für sich selbst mobilisieren. Die Arbeit der Wahlkommission braucht effektiven Schutz, vor allem bei der Stimmabgabe und Stimmauswertung. Und die Justiz muss bei der Proklamation von Wahlergebnissen vor finanzieller und politischer Einflussnahme geschützt werden. Nur mit solchen Maßnahmen lässt sich im Kongo Demokratie fördern. DOMINIC JOHNSON