Wohngemeinschaft statt Heim

SOZIALRECHT Die Stadt Oldenburg muss für die ambulante Betreuung eines körperlich und geistig Behinderten zahlen, auch wenn die teurer ist, als es eine stationäre Unterbringung wäre

Seit 2007 wurden in dem Fall mehr als zehn Eil- und Klageverfahren geführt

Ein Behinderter hat auch dann Anspruch auf Übernahme der Betreuungskosten, wenn er in einer Wohngemeinschaft lebt, statt in einem kostengünstigeren Heim. Das hat das Sozialgericht Oldenburg nach eigenen Angaben entschieden und damit dem klagenden WG-Bewohner recht gegeben.

Als zuständiger Sozialhilfeträger muss die Stadt Oldenburg die Kosten für die ambulante Betreuung vollständig übernehmen, obwohl diese monatlich mehr als 1.000 Euro höher sind als die Kosten einer Betreuung in einem Heim. Das Urteil beendet einen mehrjährigen Rechtsstreit und gilt rückwirkend zum Einzug des Mannes in der WG im Februar 2007. Die Entscheidung ist rechtskräftig (S 21 SO 15/08).

Der 46 Jahre alte Kläger ist nach Angaben des Gerichts aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens körperlich und geistig behindert. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet er in einer Behindertenwerkstatt. Bis zum Tod seines Vaters im Jahr 2006 lebte er bei seinen Eltern, 2007 zog er gemeinsam mit drei anderen Behinderten in eine neu geschaffene Wohngruppe mit ambulanter Betreuung.

Die Übernahme der Kosten lehnte die Stadt seit 2007 stets mit Hinweis auf die erheblichen Mehrkosten ab. Sie argumentierte, es sei dem Kläger zumutbar, in einem Heim stationär untergebracht zu werden.

Seit 2007 wurden beim Sozialgericht in dem Fall mehr als zehn Eil- und Klageverfahren geführt. Eine gütliche Einigung zwischen den Beteiligten sei nicht zustande gekommen, sagte ein Sprecher. Den Einwand der Stadt, der Kläger habe durch seinen Einzug in die WG und die vielen Verfahren Fakten geschaffen, wies das Gericht zurück. Der Mann habe sich keine Rechtsposition erkämpft, die ihm nach dem Gesetz nicht zustehe. Den Anspruch auf Übernahme der Kosten habe er bereits seit vielen Jahren gehabt.  (dpa)