100 Milliarden Dollar für Wasserflaschen

In Ländern wie Mexiko ist die Trinkwasserversorgung marode. Daran verdienen Getränkekonzerne wie Danone

MEXIKO-STADT taz ■ Zum Auftakt des 4. Weltwasserforums forderte Loïc Fauchon gestern: „Wir brauchen eine Streitkraft, die bei Wasserkonflikten eingreift.“ Aber, so der französische Unternehmer, Regierungen sollten dabei „nicht bevormundet“ werden. Zuvor hatte Klaus Töpfer, der scheidende Direktor des UN-Umweltprogramms, vor Wasserkriegen in Afrika gewarnt.

Fauchon ist Vorsitzender des Weltwasserrates. Der Lobbyverein der großen Wassermultis wird fälschlicherweise immer noch häufig als Nichtregierungsorganisation bezeichnet. Das Forum mit seinen rund 12.000 zahlenden Delegierten findet in der mexikanischen Hauptstadt schwerer denn je weltweit Gehör.

Zum einen ist das mediale Echo auf die Aktivitäten der globalisierungskritischen WasseraktivistInnen enorm. Außerdem stört das angekratzte Image der mexikanischen Regierung, die einerseits Wasser als Angelegenheit „nationaler Sicherheit“ bezeichnet und andererseits den Ausverkauf des Grundwassers an die Flaschenindustrie vorantreibt.

Beim Pro-Kopf-Verbrauch an Flaschenwasser sind die Mexikaner mit 168,5 Liter jährlich fast so eifrige Konsumenten wie die Italiener. Und mit stolzen 11,5 Prozent des weltweiten Gesamtverbrauchs liegt Mexiko nur noch hinter den USA.

Diese Zahlen hat das Earth Policy Institute in einer neuen Studie ermittelt. Demnach beläuft sich der Jahresumsatz der Flaschenwasserbranche auf rund 100 Milliarden Dollar.

In Mexiko gibt es rund 3.000 verschiedene Wassermarken, doch die vier Getränkegiganten Coca-Cola, Pepsi, Nestlé und Danone bringen es zusammen schon auf 34 Prozent Markanteil. Für eine 300-Dollar-Konzession dürfen sie jährlich bis zu 3 Millionen Kubikmeter Wasser fördern.

Und ein Ende des Bottle-Booms ist nicht abzusehen: Denn das stärkste Argument für den Kauf der abgefüllten Wassersorten ist die miese Qualität des Leitungswassers. In Mexiko-Stadt sind die Leitungen marode, ist der Druck niedrig, Vorratstanks gehören gerade in den Armenvierteln zur üblichen Grundausstattung.

Vorgestern zogen über 10.000 Kleinbauern, Gewerkschafter, Studierende und Umweltschützer durch die Metropole, zu ca. 95 Prozent Mexikaner. Der Regierung Fox warfen sie vor, mit Staudämmen und Bergbauprojekten die Lebensgrundlagen von Zehntausenden zu zerstören. GERHARD DILGER