Humanitäre „Herkulesaufgabe“ mit unklaren Folgekosten

FLÜCHTLINGE Die rot-grünen Fraktionen wollen Asylbewerber freundlicher empfangen und müssen mehrere Millionen zusätzlich für sie ausgeben

120 Plätze? Das sei „dramatisch überdimensioniert“, sagt Klaus Möhle (SPD)

Mit einem Dringlichkeitsantrag wollen SPD und Grüne im Parlament für eine offenere Aufnahme von Flüchtlingen in Bremen werben. Zugleich fordern sie eine transparente Suche nach Unterkünften ein, vermeiden in diesem Zusammenhang aber Kritik am von den Grünen geführten Sozialressort. Außerdem machten sich beide Regierungsparteien am Freitag dafür stark, dass das derzeit neunmonatige Arbeitsverbot für Flüchtlinge aufgehoben wird. Dafür ist jedoch der Bund zuständig.

Bis Ende des Jahres sollen insgesamt rund 500 Flüchtlinge in Bremen untergebracht werden – im Vergleich zum Vorjahr kommen derzeit fast doppelt so viele AsylbewerberInnen. Die Sozialbehörde prüft nach eigenen Angaben bremenweit aktuell rund 80 stadteigene Immobilien und Grundstücke auf ihre Eignung als Unterkunft. Die Suche müsse „trotz der Dringlichkeit systematisch“ sein, heißt es dazu nun in dem am Freitag von der SPD vorgelegten Antrag, auch Kriterien werden genannt: „Kleinere Gemeinschaftsunterkünfte“ sollen es sein, „verkehrlich gut angebunden und familiengeeignet“, mit Kitas, Schulen und Betreuungsangeboten in der Nähe. Im vergangenen Jahr noch wollte Rot-Grün die Übergangswohnheime ganz abschaffen – „nun sind wir heilfroh, dass wir sie noch haben“, sagt SPD-Politiker Klaus Möhle. Dennoch sei es 2012 gelungen, „doppelt so viele“ Flüchtlinge in einer Mietwohnung unterzubringen wie 2011.

Bei der Frage, wie groß genau ein Flüchtlingswohnheim sein darf, gehen die Meinungen bei SPD und Grünen aber dann doch auseinander: So hält Möhle 120 Plätze, so wie in Obervieland geplant, für „dramatisch überdimensioniert“ und eher nur die Hälfte dessen als angemessen. „Das sehe ich nicht so“, sagt Zahra Mohammadzadeh von den Grünen – auf eine konkrete Zahl will sie sich nicht festlegen. Der grüne Sozialstaatsrat Horst Frehe sagte dazu zuletzt grundsätzlich: „Lieber vier Einrichtungen mit je 90 Menschen als drei mit 120“.

In Obervieland hatte eine Bürgerinitiative Unterschriften gegen die Errichtung eines mobilen Flüchtlingsheims gesammelt. Nun meldet sich eine Initiative „Pro Flüchtlinge“ mit einem offenen Brief zu Wort: „Wir wollen uns für die Errichtung des geplanten Heims einsetzen, weil die Flüchtlinge Hilfe brauchen“, heißt es darin. Obervieland sei wegen seiner Infrastruktur „hervorragend“ geeignet. Die Initiative bietet sich zudem als ehrenamtlicher Betreuer an.

Möhle betont angesichts fremdenfeindlicher Ausbrüche wie in Vegesack den „humanitären Hilfsauftrag“ der Stadt, bezeichnet die Unterbringung der Flüchtlinge aber als „Herkulesaufgabe“. Im Bremer Haushalt sind dafür in diesem Jahr 21,8 Millionen Euro eingeplant. Reichen wird das Geld nicht, heißt es im Sozialressort. „Ein paar Millionen“ könnten schon fehlen – die Gespräche mit dem Finanzressort laufen schon.  MNZ