REVOLUTIONSBILDER UND LETZTE RITEN
: Bildmacht der Dynamik

Hajo Schiff

Aktueller kann ein Museum kaum sein: In Zusammenarbeit mit Künstlern, Aktivisten, Fotografen und Kuratoren der Kairoer Kunstszene zeigt dieses Projekt Bilder von den jüngsten Ereignissen: „Kairo. Neue Bilder einer andauernden Revolution“ bildet in verschiedenen Kapiteln Aspekte des Geschehens seit Januar 2011 ab, fragt aber anhand dieses Beispiels auch nach der Rolle der Bilder und der digitalen Netzwerke, die dazu dienen, Aufstand zu initiieren, aufzuzeichnen und in die Welt zu tragen – und dokumentiert damit ein neues Kapitel in der Geschichte der Bilder. Zu sehen sind Arbeiten von 62 Künstlerinnen und Künstlern, darunter klassischer Fotojournalismus, bildjournalistische Berichte der ägyptischen Tageszeitung El Shorouk, Fotos und Videos von Amateuren, Künstlerarbeiten sowie eine Wand mit Twitter-Nachrichten und Zeitungsausschnitten. Die experimentelle Ausstellung zeigt nicht nur das Neben- und Gegeneinander der aktuellen Medien und Bilder, sie möchte auch zu einer Analyse der Ikonografie beitragen, die sich mit wiedererkennbaren Bildmustern etabliert hat, wie die formatsprengende Masse, der jugendliche Held im Strahl des Wasserwerfers oder der Protestierende als Bildträger. Und darüber hinaus auf ähnliche Motivsetzungen in anderen Ländern verweisen. Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, Di–So 10–18, Do bis 21 Uhr. Bis 17. November

Mit der Kraft und Bildmacht solcher Veränderungsdynamik können die privaten Obsessionen hiesiger Akteure der Malerei und der Fotografie kaum konkurrieren. Es ist aber auch gar nicht beabsichtigt. Wer sich wie Stefanie Katja Ernst, Achim Schauffele, Rouven Schmitt Hersfeld und Matthias Tedjasukmana mit dem Pinsel der „Ersten Liebe“ und den „Letzten Riten“ zuwendet, darf getrost magere Mädchen, abgedrehte Hasen und geschwärzte Notationssysteme zeigen. Die vier seit ihrem Studium an der hessischen Hochschule für Gestaltung in Offenbach befreundeten Künstler bieten verbiesterte Erotik, schwarze Romantik und Variationen dunkler Rhythmen. Projekthaus – U.FO Kunstraum, Bahrenfelder Straße 322, Do + Fr 16–19, Sa 13–16 Uhr. Bis 6. September