Mehr Tore für Wolfsburg!

Nach dem 1:0 in Wolfsburg kämpft der HSV um die Champions League – und der VfL gegen den Abstieg. Auch wenn Wolfsburgs Trainer Klaus Augenthaler von Fortschritt spricht

aus Wolfsburg Peter Unfried

Was soll der Hamburger SV nur mit dieser Woche anfangen? Seit vergangenen Sommer habe man „englische Wochen gespielt“, sagt Torhüter Sascha Kirschstein. Wochentags war erst UI-, danach Uefa-Cup. Und nun? „Vielleicht machen wir unter der Woche ein Freundschaftsspiel.“ Naja, kleiner Scherz. Er zeigt, wie gut die Stimmung ist nach dem 1:0 beim VfL Wolfsburg.

Das Achtelfinal-Aus gegen Rapid Bukarest am Mittwoch davor hatte viel Kraft gekostet und zudem sehr wehgetan. Dennoch hatten HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer und Trainer Thomas Doll unmittelbar danach die Kommunikationsstrategie geändert und das Saisonziel offiziell von Uefa-Cup-Platz in Champions League-Qualifikation geändert. Entsprechend strahlend gab Beiersdorfer nach dem Erfolg in Wolfsburg seine knappen Kommentare, lobte das „wunderschöne Tor“ von Stürmer Benjamin Lauth (22.) und die Art, wie man den Vorsprung „dann halt nach Hause spielte“. Wie immer gibt es zwei Betrachtungsweisen. VfL-Trainer Klaus Augenthaler verwies auf den eigenen Aufwand und die optische Überlegenheit. Er behauptete, er habe „keinen Unterschied gesehen zwischen dem Tabellenzweiten und dem 13. oder jetzt 15.“ Doll fand, man habe sich angesichts der Uefa-Cup-Strapazen „aufs Defensivverhalten konzentrieren müssen“ und dabei „nichts zugelassen“, mithin einen „Klasse-Auftritt“ hingelegt. „Wir sind nicht dafür zuständig, die Leute zu unterhalten, gerade auswärts nicht“, sagte Doll.

Für den neutralen Beobachter sah es aus, als agiere der HSV ziemlich gut organisiert, reif und abgebrüht. Es klingt ein bisschen banal, aber was die individuellen Qualitäten der Profis betrifft, war ein klares Plus auf Seiten des HSV zu konstatieren beziehungsweise ein Minus beim VfL. Das führt in der Summe dazu, dass die Maschine zwar defensiv funktioniert, nach vorn aber angesichts fehlender Offensivzweikampfstärke (abgesehen von Mensequez) praktisch nicht. Und hohe Bälle in den Strafraum schlagen ist gegen Daniel van Buyten ähnlich erfolgversprechend wie ein Wahlkampf mit Paul Kirchhof.

Wolfsburg steht vor der schwierigen Situation, dass Augenthaler und Manager Klaus Fuchs zwar mit einigem Recht „Fortschritte“ in der Spielorganisation beschwören, die Rückkehr des lange verletzten Marian Hristov und den gleich gebliebenen Abstand zum Abstiegsplatz. Ihr Problem ist, dass die Bilanz diese Fortschritte nicht belegt: Sechs Punkte hat man aus den letzten sieben Spielen geholt. Vor allem aber: Nur vier Tore erzielt. „Es stehen zwar zwei Tore auf dem Platz“, sagte Kapitän Hofland eher verzweifelt als sarkastisch, „aber das reicht nicht.“ Ohne Hanke (nach zehn Minuten verletzt) und ohne einen richtig gesunden Klimowicz sinkt die Wahrscheinlichkeit eines VfL-Treffers gegen Null.

Nun spielt der VfL gegen den Abstieg in die 2. Liga, der HSV um den Aufstieg in die Champions League. „Ja, wir wollen in die Champions League“, sagt Doll. Er sagt: „Schämpions“. Und dass das ein „Riesenziel“ sei und im Falle des Gelingens eine „Riesensache“. Riesensache war sein meistgebrauchtes Wort. Überhaupt nicht benutzt wird dagegen das Wort Meisterschaft („Darüber spreche ich nicht“).

Siegtorschütze Benjamin Lauth stand nach Spielende in der Mixed Zone, trug eine geschmackvolle, blaue HSV-Mütze und strahlte. „Wir sollten schauen, dass wir auf Platz 2 bleiben“, sagte er immer wieder. Und nannte am Ende doch noch den Grund: „Uefa-Cup wäre ein bisschen enttäuschend.“ In Wolfsburg würde man einen Rathaus-Balkon dafür bauen.