Des Teufels Advokat ist tot

FRANKREICH Jacques Vergès war der umstrittene „Terroristenanwalt“

PARIS taz | Niemand hatte in Frankreich mehr als Jacques Vergès die Rolle des umstrittenen Staranwalts verkörpert. Sein Markenzeichen war es, sich für prominente Angeklagte einzusetzen, deren Sache im Vorhinein verloren war: Mörder, Attentäter und Terroristen wie Carlos, alte Nazis wie Klaus Barbie oder gestürzte Staatschefs (Milosevic, Gbagbo, Wade). In Deutschland verteidigte er seinen Berufskollegen Klaus Croissant.

Bald war Vergès der „Terroristenanwalt“. Man machte es ihm zum Vorwurf, dass er sich nie distanzierte. „Der Terrorismus ist die Waffe der Schwachen“, sagte er und ließ bewusst offen, ob das als Rechtfertigung und Sympathie zu verstehen sei. Provokativ meinte er vor drei Jahren, er hätte auch Hitler vor Gericht verteidigt – und den US-Expräsidenten George Bush. Und wohl lieber noch den Satan, denn seine Lieblingsrolle war die des „Advocatus diaboli“ (des Teufels Anwalt).

Er machte dank seines rhetorischen Talents aus jedem Prozess ein politisches Schaustück. Sein eigenes Engagement wurzelte vor allem in einem sehr ausgeprägten Antikolonialismus.

Jacques Vergès wurde als Sohn des französischen Konsuls und einer Vietnamesin am 5. März 1925 in Thailand geboren. Als 17-Jähriger schloss er sich 1942 der Widerstandsbewegung gegen die Hitler-Truppen an. Nach dem Krieg trat er erst der Kommunistischen Partei bei, später wandet er sich dem Maoismus zu. Als junger Anwalt rettete mit einem spektakulären Plädoyer Djamila Bouhired, die für die Unabhängigkeitsbewegung FLN in Algier einen mörderischen Bombenanschlag verübt hatte, vor der Todesstrafe. Wenig später wurde sie seine Frau, und Vergès blieb nach der Unabhängigkeit bis 1970 in Algerien.

Dann verschwand er für mehrere Jahre von der Bildfläche. War er bei seinem Studienfreund Pol Pot und seinem späteren Klienten Khieu Samphan in Kambodscha? Bei den Palästinensern, deren Sache er immer vehement vertrat? Vergès nimmt das Geheimnis mit sich ins Grab. Er ist in der Nacht zu Freitag mit 88 Jahren an Herzversagen gestorben. RUDOF BALMER