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DIE WERBEPAUSEVoll Liebe

Eine coole Band, die kaum jemand kennt: like. Ein totaaal angesagter Club, in dem man letztes Wochenende das erste Mal war: like. Das neue, hippe Café um die Ecke, in dem man noch nie drin war: auch like. Oh, ein bisschen menschliche Wärme fehlt in meinem Profil noch! Hm, welche Hilfsorganisationen gibt’s denn da so … Unicef! Ach ja, die armen Kinder in Afrika: like, ganz klar. Und so wird aus einem Profil: Selbstprofilierung. Und Selbstvermarktung. Als Anfang des Jahres die USA über die Homo-Ehe nachdachten, solidarisierten sich Nutzer des sozialen Netzwerks mit der diskriminierten Gruppe. Ein rotes Gleichheitszeichen wurde zum Statement – und zum Profil(ierungs)bild.

Niemandem auf der Welt wird durch diese Aktionen geholfen – außer dem eigenen Image natürlich. Und dass das Image nur eine Illusion des Ich ist, hat Unicef den Facebook-Usern jetzt deutlich gemacht. Durch einen fixen „Daumen hoch“-Klick werden keine Menschenleben gerettet – oder, in den Worten der Hilfsorganisation übersetzt: „Like uns auf Facebook und wir werden null Kinder gegen Kinderlähmung impfen.“ Direkt darauf beeilen sie sich zu erklären, dass sie grundsätzlich nichts gegen Likes haben. Impfungen aber kosten nun mal schlicht und einfach Geld – das man doch bitte spenden solle.

Durch diese Werbung macht Unicef auf Anteilnahme und Engagement aufmerksam, die aber letztlich nicht mehr sind als bloßer Pseudoaktivismus – oder die ausgelebte Illusion von Altruismus. Was man der Einfachheit halber auch schlicht Egoismus nennen könnte. Das Gewissen schweigt für einen Moment, denn man hat sich ja die Mühe gemacht, den Finger durch einen Klick zu rühren. Immerhin hatte man die Idee zur Handlung. Getan ist damit nichts: Zig Bilder wollen tagtäglich gemocht und geteilt werden. Manchmal wird mit der Behauptung gelockt, dass da irgendjemand oder -etwas mit ein paar Millionen „Gefällt mir“ aus seiner misslichen Lage gerettet werden könne. Mein Herz ist voller Liebe. Like.

LISA MAUCHER

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