Wasserstraßen schlagen leck

Der Dortmund-Ems-Kanal ist wieder undicht. Sanierungsbedürftig sind allerdings viele Kanäle in NRW, sagen Binnenschiffer und Wasserämter. Der Bund soll mehr zahlen

VON GESA SCHÖLGENS

NRWs wichtigste künstliche Wasserstraße ist undicht: Der Dortmund-Ems-Kanal ist in der Nähe der Stadt Olfen erneut leck geschlagen. Der Bundesverband der Deutschen Binnenschiffer (BDB) warnt nun Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), die Wasserwege nicht zu vernachlässigen. „Wir brauchen mehr Geld für die Infrastruktur“, fordert BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen. Der Dortmund-Ems-Kanal (DEK) sei ein Beispiel dafür, was passiere, wenn große Wasserstraßen von heute auf morgen gesperrt würden.

Schon im Oktober 2005 war der Kanal wegen eines Lecks wochenlang gesperrt. Dadurch seien der Schifffahrt Millionenschäden entstanden, da wichtige Seehäfen wochenlang nicht erreichbar waren, sagt Schwanen. „Eine Katastrophe für die Unternehmen.“ Das „Umswitchen“ auf andere Transportwege wie Straße oder Schiene sei nicht möglich.

Als kürzeste Verbindung von Rotterdam, Mannheim oder Köln nach Hamburg oder Berlin ist der 265 Kilometer lange Kanal eine der wichtigsten Wasserstraßen in Deutschland. Nur kleinere Schiffe können die 300 Kilometer längere Umleitung über das Ijsselmeer, Papenburg und Meppen nehmen. „Die übrigen Schiffer verlieren bis zu 1.000 Euro pro Tag, wenn sie nicht auslaufen können“, sagt Günter Nogatz, Leiter des zuständigen Schifffahrtsamtes Rheine. Derzeit können 60 Schiffe ihre Kunden nicht beliefern. Auf einer Strecke von acht Kilometern musste der Kanal trocken gelegt werden, um einen Dammbruch zu verhindern und Löcher abzudichten. Zwischen Datteln und Olfen bleibt die Strecke mindestens bis zum 8. April gesperrt.

Für die Instandhaltung der NRW-Wasserwege ist der Bund zuständig. Im Jahr 2005 wurden laut Wasserdirektion West insgesamt 119,6 Millionen Euro in Ausbau und Instandsetzung der Bundeswasserstraßen investiert. Für den Betrieb flossen noch mal 42,4 Millionen Euro.

Dennoch sei der Substanzverlust der Bauwerke erheblich. „Generell bedarf das Kanalsystem der Sanierung“, sagt Nogatz. Sein Amt kümmert sich auch um den Datteln-Hamm-Kanal. Dort machten vor allem Bergschäden Probleme, da sich der Boden durch den Bergbau absenke, so der Schifffahrtsamtsleiter. Fünf Schleusen müssten ersetzt werden, sie seien zwischen 70 und 91 Jahre alt. Eine Schleuse bei Minden sei bereits außer Betrieb. Auch am Mittellandkanal werden derzeit durchgerostete Uferspundwände instand gesetzt, die rund 30 Jahre alt sind.

Ursache für den Sanierungsstau bei den Kanälen ist laut dem BDB-Geschäftsführer der Mangel an Ressourcen und an Fachpersonal vor Ort. „Jedes Jahr stehen weniger Mittel als nötig für den bloßen Erhalt der Wasserwege zur Verfügung.“ Das soll sich ändern: Im Januar beschloss das Bundeskabinett, von 2007 bis 2009 jährlich eine Milliarde Euro mehr in den Verkehr zu investieren, vor allem in Schienennetze und Wasserstraßen (taz berichtete).

Ursache des neuen Lecks im Kanal bei Olfen sei allerdings „kein Fall von mangelhafter Unterhaltung“, sagt Renate Schäfer, Sprecherin der Schifffahrtsdirektion West. Alle Wasserwege und Dämme würden ständig kontrolliert. Die Wasserdirektion vermutet, der Schaden könne mit dem derzeitigen Ausbau des Kanalbettes zusammenhängen. „Die genaue Ursache ist nicht bekannt, Experten arbeiten daran“, sagt Nogatz. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt. „Es kommt mir komisch vor, dass innerhalb so kurzer Zeit schon wieder etwas passiert“, so Schwanen. Es fehle an Personal, um die „Riesenbaustelle“ zu überwachen. Die Folgen seien nicht nur für die Wirtschaft verheerend. „Wenn der Damm bricht und sich der Kanal in die Lippe ergießt,würden wahrscheinlich Häuser weggeschwemmt.“