LESERINNENBRIEFE
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Ein Verteilungsproblem

■ betr.: „Und dann die Rente mit 70“, taz vom 14. 8. 13

Die „Forscher“ des Berlin-Instituts schlagen also eine neue Demografiestrategie vor: Gähn! Neu ist daran gar nichts, es ist die alte Lobbyforderung der privaten Versicherer – und sie ist komplett unwissenschaftlich! Kein ernstzunehmender Wissenschaftler stellt Prognosen über vier, fünf Jahrzehnte auf – das ist totaler Blödsinn! Und: Die „Studie“ unterschlägt, das laut Mikrozensus die Deutschen doch gar nicht so alt werden und damit automatisch das angebliche Demografieproblem, das doch nur ein Verteilungsproblem ist, kleiner wird! MICHAH WEISSINGER, Essen

Kurz vor der Bundestagswahl

■ betr.: „Zusicherung, nicht zu spähen“, taz vom 16. 8. 13

Jetzt wird den deutschen BürgerInnen – kurz vor der Bundestagswahl also – ein Antispionage-Abkommen mit den USA angekündigt. Damit soll die gesamte, durch Edward Snowden ausgelöste Erregung über die amerikanische Ausspähpraxis sozusagen beendet werden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Grosse-Brömer, hält sogar weitere Sondersitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums für überflüssig, da die „aggressiven Vorwürfe“ über Grundrechtsverletzungen in Deutschland widerlegt seien. Auch bescheinigt er der Kanzlerin Großes: „Deshalb ist der Ansatz der Kanzlerin so wichtig, Datenschutz anders zu konzipieren und internationale Abkommen zum Schutz der Privatsphäre auszuhandeln.“ Ganz gleich, ob es überhaupt je zu einem solchen Abkommen kommt und was das dann beinhalten wird (soll ja von den Geheimdiensten ausgehandelt werden, ist also streng geheim), scheint das Ganze doch derzeit eher eine Verschleierungstaktik zu sein, während die Geheimdienste weiterhin ihre massenhaft erhobenen Daten untereinander tauschen können. Denn vom britischen GHCQ, der nach Snowden ein wichtiger Zulieferer von Daten ist, ist ja bei dem beabsichtigten Abkommen keine Rede. Auch von einer Stornierung anderer Kooperationsabkommen zwischen NSA und BND ist bisher nichts bekannt geworden. Es kann also jederzeit jeden treffen, seinen Namen auf einer sogenannten amerikanischen „No Fly“-Liste zu finden, und zwar ohne Begründung, denn auch wie jemand auf solch eine Liste gerät, ist im Zuge der „nationalen Sicherheit“ natürlich strengstens geheim. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Angemessene Titelseite

■ betr.: „Kairo, 14. August 2013“, taz vom 16. 8. 13

Unter vielen möglichen Reaktionen war diese Titelseite eine sehr angemessene auf den 14. August in Kairo. Ich kann mir im Nachhinein keine andere vorstellen. HANS RAAB

Foto hat wachgerüttelt

■ betr.: „Kairo, 14. August 2013“, taz vom 16. 8. 13

Ich habe das Foto minutenlang angestarrt. Mir die Gesichter und Wunden angeschaut. Mir wurde übel.

Das Foto hat mich wachgerüttelt und bei mir Interesse an der aktuellen Situation in Ägypten ausgelöst. Schon dafür hat es sich „gelohnt“, das grausame Foto zu zeigen. Die Wirklichkeit ist leider nicht immer schön … Danke für euren Mut! CRISTINE GÜTLEIN, Coburg

Wahlmöglichkeit fehlt

■ betr.: „Umstrittene Vorsorge“, taz vom 16. 8. 13

Wenn Sie, wie ich, zum erstem Mal die Einladung der Zentralen Stelle Mammographie Screening bekommen, so wird Sie dieses Schreiben mit angebotenem Termin unter Druck setzen. Natürlich steht der Termin zur Disposition, aber nicht der Ort (Praxis oder Klinik). Die mir zugewiesene Fachpraxis ist im Internet nicht barrierefrei vertreten. Ob das Equipment auf dem neuesten Stand der Technik ist oder ob in dieser Praxis qualifiziertes Personal arbeitet, ist nicht recherchierbar. Wohnortnah befinden sich laut Mammographie-Screening-Programms sechs Screening-Einheiten. Warum besteht keine Wahlmöglichkeit?

Ich muss meine Entscheidung für oder gegen Teilnahme auf Basis vollständiger Informationen selbst treffen. Die Broschüre und der Internetauftritt hebt nach meiner Ansicht die positiven Ziele des Screenings hervor. Das deutsche Recht verlangt Informationen statt Werbung. Warum habe ich keinen Anspruch auf ein neutrales längeres Vorab-Beratungsgespräch mit einem Arzt?

Nach dem SGB V Sozialgesetzbuch, § 76 SGB V steht dem Versicherten eine freie Arztwahl zu. Warum muss ich eine Verzichtserklärung zur freien Arztwahl unterschreiben? Warum muss ich meine personenbezogenen Daten zwecks wissenschaftlicher Auswertung und namentlichen Abgleich mit dem Krebsregister freigeben, wenn es bei diesem Programm um meine Gesundheit geht? Warum soll ich eine Erklärung, die den Verzicht meiner Mammographie-Bilder beinhaltet, unterschreiben? Ist es nicht viel sinnvoller, mit den auf Verlangen ausgehändigten Bildern zum Arzt/Radiologen meines Vertrauen zu gehen, mit der Bitte der Begutachtung und der Beratung?

Das arznei-telegramm berichtet im März 2012, dass dem Nutzen die Risiken Überdiagnostik und Übertherapie gegenüberstehen. Im Mammographie-Screening-Programm existieren keine übersehenen Krebsfälle, sondern es wird vornehm von „Intervallkarzinomen“ gesprochen. Wer haftet für Fehldiagnosen in der einen oder anderen Richtung? Gilt hier vielleicht die Beweisumkehr?

MARIA KALDEWEIDE, Haltern