ROLAND KOCH MACHT WIEDER WAHLKAMPF AUF KOSTEN DER EINWANDERER
: Politik der Abschreckung

Es fällt leicht, sich über den geplanten Einbürgerungstest des hessischen CDU-Innenministers Volker Bouffier mit seinen 100 Fragen zu deutscher Geschichte und Kultur lustig zu machen. Sollen einbürgerungswillige Ausländer in Hessen in Zukunft wirklich einen Katalog von Fragen beantworten können, mit denen sie genauso gut auch bei Günther Jauch bestehen könnten? Und: Wird es für sie einen Telefonjoker geben?

Doch die CDU meint es bitterernst mit ihrer Idee, solch einen Test bald bundesweit einzuführen. Dass nun der hessische Ministerpräsident Koch wieder vorprescht und einen Alleingang androht, sollten die SPD-Länder nicht mitziehen, ist nur allzu durchsichtig. Schließlich finden in Hessen am kommenden Wochenende Kommunalwahlen statt. Und mit Populismus auf Kosten von Einwanderern hat Roland Koch ja schon einmal gute Erfahrungen gemacht: 1999 zog er mit einer Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft zu Felde – und wurde danach zum Ministerpräsidenten gewählt.

Doch die Debatte um den Einbürgerungstest hat einen Nebeneffekt: Sie wird mögliche Kandidaten davon abhalten, sich für einen deutschen Pass zu bewerben. Das aber wäre fatal. Denn es gibt in Deutschland nicht zu viele, sondern zu wenig Einbürgerungen – und deren Zahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken.

Deutschland begreift sich erst seit kurzem als Einwanderungsland. Noch immer gibt es deshalb Millionen von Menschen, die zwar hier geboren und aufgewachsen sind, aber keinen deutschen Pass besitzen. Um deren Integration und demokratische Teilhabe geht es. Statt jedoch für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zu werben und diese attraktiver zu gestalten, um künftig besser im internationalen Wettbewerb bestehen zu können (siehe Fußball!), verfolgt die CDU eine Politik der Abschreckung. Und schadet damit langfristig den Interessen des Landes. Denn wer selbst einbürgerungswilligen Einwanderern immer neue Hürden in den Weg legt, darf sich nicht über Parallelgesellschaften beklagen. DANIEL BAX