LESERINNENBRIEFE
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Jenseits der Schmerzgrenze

■ betr.: „In der grünen Hölle“, taz.nord vom 12. 8. 13

Obwohl sich der Beitrag offensichtlich von der Wahrheitsseite verirrt hat und sowohl inhaltlich als auch stilistisch jenseits der Schmerzgrenze liegt, bietet er doch, auf der Meta-Ebene betrachtet, einige interessante Aspekte. Er zeigt vor allem, wie emotional die Debatte um den Fleischverzehr bei uns geführt wird. Hier geht es weniger um den Wert der Sache an sich als um ihren Symbolwert. Fleisch als Nahrungsmittel steht noch immer für Kraft, insbesondere Mannes-Kraft. Bei der Lektüre des Beitrags spürt man denn auch die zunehmende Erregung des Autors, bis schließlich auf dem Höhepunkt sich die unsäglichen Worte „ökofaschistische Essenstyrrannei“ ergießen. Die libidinöse Konnotation von männlichem Fleischverzehr wird hier frappierend deutlich. Solange diese Bewertung fortlebt, wird sich am derzeitigen grotesken Fleischkonsum kaum etwas ändern. Bekanntlich ändern ja nicht Einsichten unser Verhalten, sondern Gefühle. JAN TIETCHENS, Bad Gandersheim

Echte Empörung

■ betr.: „In der grünen Hölle“, taz.nord vom 12. 8. 13

Der ganzseitige Artikel „In der grünen Hölle“ hat echte Empörung bei mir ausgelöst. Wenn der Koch einer Kantine nicht in der Lage ist, ein vegetarisches Essen ansehnlich und sehr schmackhaft zuzubereiten, was in vielen Kantinen und Restaurants der Fall ist, darf das nicht der Anlass sein, so einen fiesen Artikel draus zu machen. Das Thema unserer Wohlstands-Essgewohnheiten mit den Auswirkungen auf die Welternährungssituation und das Klima ist viel zu ernst, als dass das auf diese primitive und unappetitliche Weise den Lesern dargebracht wird. Die Fäkaliensprache sollte als billige Affekthascherei in Ihrer Zeitung keinen Platz haben, schon gar nicht, wenn es wie hier bei der Scheiße um – wenn auch schlecht zubereitete – Lebensmittel geht. DAGMAR REEMTSMA, Hamburg

Geht’s noch?

■ betr.: „In der grünen Hölle“, taz.nord vom 12. 8. 13

Der Veggie-Day bedeutet nach Ansicht ihres Autors „Staatsterror“ und „ökofaschistische Essenstyrannei“. Geht’s noch? Es geht darum, dass einmal in der Woche jeder, der möchte, ein fleischloses Gericht in der Kantine verzehren können soll und dass keine Leichenteile von Tieren auf den Kantinentisch kommen. Morgens und nach der Arbeit kann sich doch jeder mit Wurst und Fleisch mästen. Ganz ehrlich, bei der Massentierhaltung hört der Spaß auf. Taz-Autoren sollten wissen, dass der staatlich geförderte exzessive Fleischkonsum in den westlichen Industriestaaten weltweit katastrophale Folgen hat: Klimawandel, Landraub, Zerstörung der Märkte der sogenannten Dritten Welt, Regenwaldabholzung, Wasserverschwendung und vergiftung, Züchtung von resistenten Keimen... usw. Und als erstes müssen die staatlichen Subventionen für dieses asoziale System, das aus Profitgier das grauenhafte Quälen und Töten unserer Mitgeschöpfe fördert, gestrichen werden. Sofort! Ich will nicht gezwungen werden dieses ekelhafte Verbrechen an Mensch und Tier mit meinen Steuern unterstützen zu müssen. ANJA HALLERMANN, Braunschweig

Unterstes Stammtischniveau

■ betr.: „In der grünen Hölle“, taz.nord vom 12. 8. 13

Dieser Artikel taugt nicht einmal als Polemik, er ist unterstes Stammtischniveau – somit unseriöser Journalismus. Was Mann hätte aufdecken können, wäre unter anderem, dass ein Veggie-Day nur Sinn macht, wenn in Kantinen auch die KöchInnen dementsprechend geschult werden, dass dieses gefördert werden muss und dass die Budgets der Kantinen – und die Zahlungsmoral der Konsumenten, die typisch deutsch immer billig essen wollen – offensichtlich nicht ausreichen, um leckere vegetarische Kost zu bereiten und anzubieten. Davon ist völlig unabhängig, ob jemand dagegen ist, einen Veggie-Day zu „verordnen“, oder dafür ist, weiter positive Aufklärung für ein fleischfreieres Leben in der westlichen Konsumgesellschaft zu betreiben.  ANGELIKA SAUPE, Bremen