„Merkel eine Jobgarantie ausstellen“

WAHLKAMPF Linkspartei-Chef Riexinger kritisiert die Debatte der SPD-Linken über die große Koalition

BERLIN taz | In der SPD gibt es angesichts schwindender Aussicht auf eine rot-grüne Mehrheit eine zaghafte Debatte über Alternativen. Ernst-Dieter Rossmann, Sprecher der altehrwürdigen parlamentarischen Linken der SPD, sagte in einem Interview: „Der Zug ist abgefahren.“ Gemeint ist ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis nach der Bundestagswahl. Dem hatten allerdings SPD-Chef Sigmar Gabriel, SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bereits mehrfach eine Absage erteilt. Insofern fragt sich, ob da jemals ein Zug stand, den die SPD-Linken hätten erreichen können. Auch Ralf Stegner, der zum linken Flügel zählt, stützt Rossmanns Nein zu Rot-Rot-Grün.

Rossmann hält gleichzeitig eine große Koaltion mit Angela Merkel (CDU) für möglich. Man werde als „harte, kämpferische SPD auftreten, nicht als Müntefering-SPD“, die es Merkel Recht macht. Das allerdings fällt vier Woche vor der Wahl unter die Rubrik kostenloses Maulheldentum.

Merkel selbst hatte kürzlich eine große Koalition als Möglichkeit ins Spiel gebracht. Man muss nicht zu verwegenen Spekulationen neigen, um zu erkennen, welchem Zweck dies diente. Die SPD muss in den nächsten vier Wochen jene eine Million potenzielle SPD-Wähler mobilisieren, die 2009 frustriert zu Hause geblieben waren.

Diese Vielleicht-SPD-Wähler motiviert ein harter Schlagabtausch – die Aussicht, dass die SPD wieder Merkels Juniorpartner wird, kaum. Schon 2009 hatte Merkel mit der Strategie, im Wahlkampf Streit möglichst aus dem Weg zu gehen, Erfolg. Der SPD schadet die Debatte über die große Koalition eher.

Entsprechend kritisch kommentierte Berlins SPD-Landeschef Jan Stöß, ebenfalls Parteilinker, Rossmanns Einwürfe. „Jeder Tag, an dem wir nicht über unsere Themen sprechen, sondern über eine große Koalition spekulieren, ist ein verlorener Tag für die SPD“, so Stöß. Rossmann und auch Stegner attestiert er indirekt einen Mangel an Disziplin.

Auch Bernd Riexinger, Chef der Linkspartei, rät dazu, „diese Debatte einzustellen“. Offenbar, so Riexinger zur taz, wolle „sogar die SPD-Linke mit der Debatte um eine große Koalition Merkel eine Jobgarantie ausstellen“. Riexinger hofft offenbar auf die Zeit nach der Wahl: „Die Ausschließeritis ist albern. Niemand ist gut beraten, jetzt Dinge zu sagen, die man nachher vielleicht wieder zurücknehmen muss.“

Und, so Riexinger weiter: „Selbst die SPD-Spitze weiß doch in Wahrheit, dass die Lage nach dem 22. September völlig offen ist, falls es keine schwarz-gelbe Mehrheit gibt.“ STEFAN REINECKE