Einblick (487)

Friedrich von Borries, Architekt und Designtheoretiker

■ Friedrich von Borries, geboren 1974 in Berlin, ist Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Sein Berliner Projektbüro arbeitet an aktuellen Fragen der Gestaltung und gesellschaftlichen Entwicklung. 2008 war er Kurator des deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale von Venedig. Derzeit ist im Hamburger Bahnhof die „Berliner Weltverbesserungsmaschine“ zu sehen, bei Suhrkamp erschien am Montag der Roman „RLF – Das richtige Leben im falschen“. Die begleitende Pop-up-Ausstellung läuft in St. Agnes. (www.rlf-propaganda.com)

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/Dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum? Friedrich von Borries: Die letzte Ausstellung, die mich wirklich umgeworfen hat, war von Tomás Saraceno in der Galerie von Esther Schipper. Dort hat er nicht seine Rauminstallationen gezeigt, sondern auf den ersten Blick kleine Arbeiten. Das Besondere an diesen Objekten war, dass sie von Spinnen in der Ausstellung gewoben wurden. Der Raum war dunkel, und die hellen Spinnenweben wurden mit Licht angestrahlt. Die Objekte veränderten sich während der Ausstellungsdauer und sahen einfach umwerfend gut aus; hoch komplexe und gleichzeitig filigrane Konstruktionen. Und inhaltlich spannend, weil Spinnen ihre Netze in unterschiedlichen sozialen Konstellationen bauen. Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst Du empfehlen? Ich bin nicht so der Musik-Auskenner, und in einem richtigen Club war ich auch lange nicht mehr. Mein letztes Konzert war ein Auftritt vom Brockdorff Klang Labor, die ich wegen der Kombination von politisch und theoretisch interessanten Texten (es gibt ein Song mit Debord-Fragmenten, super!) und Easy Listening mag. Absolut umgehauen hat mich ein Konzert, das ich Anfang des Jahres in einer „Late Night“ der Philharmonie gehört habe: „in vain“, von Georg Friedrich Haas, einem absoluten Avantgardisten. Das Stück bricht mit allen musikalischen Traditionen, der Kopf explodiert beim Hören, anders kann ich das Klangereignis nicht in Worte fassen. Zeitweise ist der Konzertsaal komplett abgedunkelt und von Stroboblitzen durchzuckt. Das war ein total faszinierendes synästhetisches Erlebnis. Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/Dich durch den Alltag? Zum einen natürlich die, die ich gerade herausgebracht habe … Und an meinem Bett liegen derzeit mehrere Malewitsch-Bücher, mit dem ich mich mal wieder intensiv beschäftigen will, weil sich die absolute Abstraktion vom Alltäglichen trifft mit dem Versuch, das Alltägliche zu verändern. Design und Kunst begegnen sich, ästhetisch ist alles vollendet, aber am Ende scheitern die großen Ideale. Das sind Fragen, die mich gerade interessieren. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/Dir zurzeit am meisten Freude? Der Moment, wenn ein warmer Sonnenstrahl aufs Gesicht fällt und deshalb alles andere ganz leise und weit weg und irgendwie unwichtig ist.