betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Der große polnische Theatermann Jerzy Grotowski, der 1999 in der toskanischen Stadt Pontedera starb, hat wie kaum ein anderer Künstler das Theater der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beeinflusst. Und zwar durch seine Theorie ebenso wie seine Theaterpraxis. Besonders das Freie Theater verdankt Grotowskis workshophafter Stückentwicklungstechnik viel. Auch Regisseure wie der nicht minder legendäre Peter Brook sind ohne Grotowskis „Armes Theater“ nicht zu denken. In diesem Theater, das Grotowskis Vorstellungen zufolge „ohne Schminke, ohne eigenständige Kostüme und Bühnenbild, ohne abgetrennten Aufführungsbereich (Bühne), ohne Beleuchtungs- und Toneffekte usw. existieren“ können sollte, hatte Grotowski die Lehren sowjetischer Theateravantgardisten wie Wsewolod Meyerhold mit Elementen des japanischen No-Theaters und der Peking-Oper verschmolzen. Aber auch das radikal psychologische Theater von Lee Strassberg transportierte er mit in sein Theaterkonzept. Sehr viele Jahre lang ist keine Arbeit der Grotowski-Schule des noch heute in Pontedera arbeitenden Workcenters in Berlin gewesen. Dort hat Grotowski die letzten 13 Jahre seines Lebens gearbeitet. Nun wird es im Kontext einer „Süden“ überschriebenen vierzehntägigen Präsentation des Florentiner Künstlerhauses „Villa Romana“ in Berlin auch zwei Aufführungen und einen Film-und Konferenzabend zu Grotowskis Theater geben. In der Deutsche-Bank-KunstHalle Unter den Linden wird das Programm mit den „Electric Party Songs“ eröffnet: ein Theaterabend des Grotowski-Schülers Mario Biagini auf der Basis der Gedichte des amerikanischen Dichters Allen Ginsberg. (Deutsche Bank KunstHalle: „Süden“: 26. 8–8. 9., Infos zu den Grotowsaki-Performances: www.facebook.com/openprogram)

Die Bar 25 ist ja inzwischen eine Art Theater geworden. Dort werden die Performer von Showcase Beat Le Mot im Oktober nun ihr Theater der Zukunft eröffnen: den Ding Dong Dome. Am Freitag wird der Rohbau mit einem „Gastmahl“ erstmals größeren Menschenmengen zugänglich gemacht. Es gibt tatsächlich etwas zu essen. Aber viel Theatertheorie und -praxis gibt es auch. (Ding Dong Dome, Holzmarktstr. 25: „Gastmahl“, 23. 8. Ab 16 Uhr. Alle Infos: www.showcasebeatlemot.de)

Am Mittwoch eröffnet das Ballhaus Naunynstraße die Saison mit dem Festival „Black Lux – ein Heimatfest aus schwarzen Perspektiven“. Die schwarze Geschichte und Gegenwart Berlins wird hier ein künstlerisches Forum erhalten. (Ballhaus Naunystraße: „Black Lux“, ab 28. 8. Programm unter: www.ballhausnaunynstrasse.de)