Dem Kabinett entwachsen

Verehrte Muschi (VIII): Edmund Stoibers Briefe an seine Gattin Karin, genannt „Muschi“. Heute: Fax aus Brüssel

Verehrte Muschi,

nur damit Du Dich nicht wunderst weil Du es in den Nachrichten siehst schicke ich Dir vorab diesen Brief auch schon per Fax, damit er Dich früher erreicht, weil ich nämlich heute in Brüssel bin mit dem Kabinett. Wir haben uns hier zusammengesetzt wegen Europa und auch im Hinblick auf das Europa der Regionen und damit es wieder einmal eine Möglichkeit gibt, die bayerische Staatsregierung und mich in das rechte Licht zu rücken. Wir beraten hier Bahnbrechendes in Bezug auf die EU-Erweiterung, weil sie so schnell nicht kommen darf, denn sie ist zu teuer und es geht nicht.

Brüssel ist sehr schön und auch das Wetter ist sehr gut und es ist von München aus überhaupt kein Problem, dort hin zu kommen, weil mir ja die Regierungsmaschine zur Ausübung der pflichtgemäßen Amtsgeschäfte für den Freistaat jederzeit zur Verfügung steht. Solltest Du einmal hinwollen, musst Du aber anders hinfahren, wegen der Vorschrift. Ich kann Dir sehr das Atomium empfehlen. Es ist eine wunderbare Architektur, aber bei uns leider nicht möglich, weil wir ja kein Atom mehr haben dürfen bis auf Weiteres. Wenn Du dieses Fax erhältst bitte ich Dich einmal in den Zeitungen nachzuschauen ob was über mich drinsteht weil in letzter Zeit ja viel zu wenig dringestanden ist und ich es lesen möchte sobald wieder was drin steht. Es ist nämlich so, dass es der Söder unterlassen hat die Zeitungen mitzunehmen.

Ich muss jetzt diesen Brief beenden weil erwartet wird, dass ich auch noch etwas sage, aber ich mag nicht. Diesem Kabinett bin ich längst entwachsen und es gibt für mich im Kreise dieser Menschen keine adäquaten Aufgaben mehr. Es ist eine historische Ungerechtigkeit, wir wissen es beide.

KUZ Herzlichst, Edmund