Selbstbedienung der Politjugend vor Gericht

Der Düsseldorfer Parteienrechtler Martin Morlok nennt das Verteilungssystem für Zuschüsse „illegal“

DÜSSELDORF taz ■ Der Ring Politischer Jugend ist ein seltsamer Verband: Keine Angestellten, keine Geschäftsstelle, keine Telefonnummer, keine Webseite. Im Ring haben sich die Jugendorganisationen der Parteien zusammengeschlossen. Einzig erkennbare Tätigkeit: Einmal im Jahr entscheiden die Verbände, wie sie die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt untereinander verteilen. Bis zum Jahr 2003 ging das Geld nicht nur an die Jugendverbände der Parteien, sondern auch an die Jungdemokraten als linkem politischen Jugendverband ohne Mutterpartei. Anfang 2004 beschloss eine ganz große Koalition aus Jusos, Junger Union, Grüner Jugend und Jungen Liberalen: Nur noch die Jugendverbände der Parteien dürfen Mitglied im Ring Politischer Jugend sein und über diesen gefördert werden. Für die Jungdemokraten hieß das, dass sie ihre zuletzt gut 80.000 Euro Förderung komplett verloren haben.

Gegen den Ausschluss aus dem Ring Politischer Jugend haben die Jungdemokraten Klage eingereicht. In erster Instanz hatten sie Erfolg. Das Landgericht Düsseldorf sprach von einer „ungerechtfertigten Ungleichbehandlung“ und urteilte im September 2005: Die Parteilosigkeit der Jungdemokraten sei „kein ausreichender Grund für einen Ausschluss“. Die Jugendverbände der Parteien sind in Berufung gegangen, heute nun verhandelt das Oberlandesgericht den Fall.

In der Begründung der Berufung schreckt der Parteinachwuchs auch vor Lügen nicht zurück. In dem Schriftsatz an das Oberlandesgericht heißt es, die Jugendverbände der Parteien seien auf staatliche Förderung angewiesen, weil sie selbst – im Gegensatz zu den Jungdemokraten – keine Spenden annehmen oder Mitgliedsbeiträge erheben könnten. Dabei gibt es bei einzelnen Kreisverbänden der Jungen Union und der Jungen Liberalen sehr wohl Mitgliedsbeiträge – bei der Grünen Jugend sogar flächendeckend. Und mehrere Jugendverbände werden auf ihren Webseiten offensiv um Spenden: „So können Sie der Jungen Union Ihre Spende zukommen lassen“, heißt es etwa beim CDU-Nachwuchs über der verbandseigenen Kontoverbindung.

Der Parteienrechtler Martin Morlok, Professor an der Universität Düsseldorf, hält die Verteilung der Mittel über den Ring Politischer Jugend für grundsätzlich unzulässig: „Bei der Verteilung von Zuschüssen des Staates darf es keine Willkür geben. Die Landesregierung muss dabei nachvollziehbare Kriterien anwenden, das ergibt sich aus dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz.“ Diese Kriterien könnten etwa die Zahl der Mitglieder oder die der Teilnehmer auf Veranstaltungen sein.

Es sei in der Verantwortung des Landes, für rechtmäßige Vergabekriterien zu sorgen. Morlok: „Das Land kann sich nicht hinter einem Verein verstecken. Dass die Verteilung hier einem Kreis von Betroffenen nach eigenem Gusto überlassen wird, das ist rechtswidrig, illegal.“

Es dürfe nicht sein, dass nur Jugendorganisationen von Parteien etwas bekommen, so Morlok: „Für die Qualität der Jugendarbeit ist es kein geeignetes Kriterium, ob es eine Mutterpartei gibt.“ In einem ersten Schritt müsse Armin Laschet als der zuständige Generationenminister die Verteildung des Geldes sofort an sich ziehen, statt sie dem Ring Politischer Jugend zu überlassen. Mittelfristig müsse der Landtag dann die Kriterien für die Verteilung des Geldes in einem eigenen Gesetz beschließen.

SEBASTIAN HEISER