Zögern auf der roten Linie

USA Das Weiße Haus droht nicht mit Eingriff

BERLIN taz | Falls die Berichte stimmen, nach denen die syrische Armee am Mittwoch erstmals in größerem Umfang chemische Waffen gegen Zivilisten in einer Rebellenhochburg eingesetzt hat, dann wäre damit die „rote Linie“, von der US-Präsident Barack Obama vor ziemlich genau einem Jahr erstmals gesprochen hatte, deutlich überschritten. Doch weit entfernt davon, die Assad-Regierung jetzt erneut zu warnen und mit einem militärischen Eingreifen der USA zu drohen, veröffentlichte das Weiße Haus am Mittwochabend lediglich eine Erklärung, in der freier Zugang der UN-Inspektoren zu den betroffenen Ortschaften gefordert wird.

Im Juni, nach den letzten leidlich glaubhaften Berichten über Giftgaseinsätze in Syrien, hatte die US-Regierung angekündigt, nunmehr die syrischen Rebellen auch mit Waffen zu unterstützen. Diese Operation aber, so heißt es aus Rebellenkreisen, hat noch nicht einmal begonnen – angekommen sei jedenfalls noch nichts.

Generalstabschef Martin Dempsey erörterte in einem von der Agentur AP veröffentlichten Brief an den demokratischen Kongressabgeordneten Eliot Engel Anfang der Woche noch einmal die Position des Militärs: Zwar seien die USA militärisch in der Lage, etwa eine Flugverbotszone durchzusetzen, allerdings glaube er nicht, dass dadurch das militärische Gleichgewicht kippen würde – während gleichzeitig das Risiko steige, in einen lang anhaltenden Konflikt hineingezogen zu werden.

Und so sind es in den USA nur sehr wenige Stimmen, die eine militärische Intervention befürworten – was jedoch nicht heißt, dass es nicht allerorten Kritik am Verhalten der US-Regierung gibt und der Art, wie sie sich von ihren außenpolitischen Gegnern vorführen lässt. „Obama ist der vielleicht realpolitischste Präsident aller Zeiten“, schreibt ein Kommentator auf slate.com „aber man gewinnt das Gefühl, dass er darin nicht sehr gut ist.“

PKT