schurians runde welten
: Schweinsteigerungen

„Was auf ihn eingeprasselt ist, ist auch jenseits von Gut und Böse.“ (Jürgen Klinsmann)

Wenn das Länderspiel in Dortmund ein Vorgeschmack war auf die Fußballweltmeisterschaft, dann wird es wohl doch nicht so schlimm. Die Fans der Nationalmannschaft, denen man vorgestern Abend in den Regionalzügen begegnen konnte, erinnerten ganz überwiegend an die Darsteller dieser immer hochsommerlichen Fußballwerbespots, die aus der WM-Vorfreude Profit schlagen wollen.

Die jungen Fußballanhänger trugen also weiße Sponsorentrikots über den Kapuzenpullis, hielten sich lässig wie Sportfreunde Stiller mit kletschigen Frisuren – viel weniger trunken, weniger laut als Vereinsfans. In ihren jungen Gesichtern meine ich sogar eine Sehnsucht nach Leichtigkeit erkannt zu haben in diesem so komplizierten Land.

Genau deshalb glauben sie an ihresgleichen, an Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger. Und dieser niedliche Optimismus bringt sie auch dazu, Tapetenrollen mit der Behauptung zu bepinseln: „Wir werden Weltmeister!“. Wenn dazu noch herrlich alberne Sprechchöre kommen, soll‘s mir recht sein: „Was ist grün und stinkt nach Fisch? Grüner Fisch!“

Eines der wenigen Nationalspiele, das ich mir in einem Stadion ansah, fand seinerzeit im Parkstadion Gelsenkirchen statt. Ich war umgeben von der allerfinstersten Gesellschaft meines Lebens – lauter Gauleiter, potenzielle Massenmörder und andere Tobsüchtige musterten mich und sich misstrauisch, verteilten Flugzettel, verklebten rassistische Spuckis und dann begann ihr SS-Brüllen zum deutschen Gruß. Ich gönnte es den Dunkeldeutschen, dass das Freundschaftsspiel gegen Dänemark in totaler Sinnlosigkeit endete: Franz Beckenbauer wechselte im späteren Weltmeisterteam zehnmal aus. Nur Guido Buchwald durfte durchspielen.

25.3. Duisburg – Bayern

Auch Jürgen Kohler musste damals zur Halbzeit Stefan Reuter weichen, heute versucht er den Abstieg des MSV abzuwenden. Vor dem Spiel gegen den FC Bayern hat sich Schlappnerschüler und Juventuslegende etwas besonders ausgedacht: Um den „Trott“ zu ändern, werden seine Spieler die Nacht vor dem Spieltag nicht im Hotel verbringen. Stattdessen treffen sie sich Samstag morgen. Und dann, Herr Jungtrainer? „Wir werden nach einer leichten Trainingseinheit anschließend Tagesbetten beziehen und am Nachmittag gegen die Bayern antreten.“ Ich sehe es vor mir, Carsten Wolters und Georg Koch mit einem Laken über der Matratze, karierte Bettwäsche, Schlafanzüge, Bett an Bett wie im Kinderhort, einer weint. Na dann, viel Glück gegen die Bayern, Herr Kohler! CHRISTOPH SCHURIAN