Pauker machen blau

Noch mehr Streik: Nun haben auch rund 300 angestellte Lehrer ihre Arbeit niedergelegt und gestern in Düsseldorf demonstriert. Einige Schulleiter wollen ihre Kollegen die Stunden nachsitzen lassen

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Erstmals seit 14 Jahren haben gestern rund 300 angestellte Lehrer die Schule offiziell geschwänzt. Die Pauker folgten einem Streikaufruf der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und legten ihre Arbeit nieder. Am Nachmittag beteiligten sie sich mit weiteren Lehrern unter dem Motto „Es reicht! Gute Bildung kostet Zeit und Geld!“ an einer Demonstration in Düsseldorf. Dort protestierten rund 17.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes gegen die Sparpolitik der Landesregierung.

Mit dem Streik will die GEW einerseits eine Festschreibung der Pflichtstundenzahl für angestellte Lehrer erreichen. Andererseits soll eine Kürzung des Weihnachtsgeldes verhindert werden. Diese würde auch verbeamtete Lehrer betreffen. Die Zeit sei reif für den ersten Protest seit dem flächendeckenden Streik im Jahre 1992, sagte Berthold Paschert: „Wir müssen bei der Pflichtstundenzahl einen Riegel vorschieben, damit die Belastung der Lehrer nicht weiter steigt“, so der GEW-Sprecher. Bisher müssen angestellte Lehrer zwar identisch viele Stunden unterrichten wie ihre verbeamteten Kollegen: 25,5 Stunden an Gymnasien und Gesamtschulen, 28 an Grundschulen. Jedoch ist diese Anzahl nicht im Tarifvertrag festgeschrieben.

Aber nicht nur das sorgt für schlechte Stimmung unter den Lehrern. Seit die schwarz-gelbe Landesregierung eine Unterrichtsgarantie ausgerufen habe, müssten die Lehrkräfte massiv Überstunden leisten, sagte der GEW-Landesvorsitzende Andreas Meyer-Lauber der Nachrichtenagentur dpa. Das sorge für Frust an den Schulen und sei auch deshalb fatal, weil wegen der Überstunden in erster Linie Fortbildungsveranstaltungen gestrichen würden. „Der Unterricht kann aber nur besser werden, wenn die Kollegen sich weiterbilden“, so Meyer-Lauber.

GEW-Sprecher Paschert nannte die Demonstration eine „Generalabrechnung“ mit der Landesregierung, die zentrale Wahlversprechen nicht eingehalten habe. Schulministerin Barbara Sommer (CDU) wollte gestern nicht dazu Stellung nehmen, dass die Lehrer nach 14 Jahren wieder auf die Straße gehen. Es gehe um Belange, die alle öffentlich Bediensteten betreffen würden, sagte Sommers Sprecher Andrej Priboschek, der sich auch zur Festlegung der Pflichtstundenzahl nicht äußerte. Es gebe lediglich einen Appell der Ministerin: „Wenn die Lehrer streiken, was ihr verbrieftes Recht ist, sollten sie es nicht auf dem Rücken der Schüler austragen“, zitiert der Sprecher seine Chefin.

Von diesem verbrieften Recht auf Streik ist bei den Schulleitern verschiedener betroffener Schulen indes offenbar nichts bekannt. Sie finden das Verhalten ihrer Kollegen gar nicht lustig und haben laut Paschert schon vorab damit gedroht, streikende Lehrer müssten die versäumten Stunden nachholen. Und so werden manche Pauker bald wohl das machen müssen, was sonst nur den Schüler aufgebrummt wird – sie müssen nachsitzen.