Zwei Schritte in den sonnigen Süden

Bremen hat sich mit dem „Förderpreis für Bildende Kunst“ ein effizientes Nachwuchsinstrument geschaffen. Die Preisträger werden über ein zweifach begutachtet. Das ebnete jungen Künstlern schon den Weg nach Rom

Soll niemand sagen, die Jugend würde keine Rituale mehr mögen. Wer elf Seifenstücke im Halbkreis anordnet, rhythmisch mit der Handfläche darüber über sie streift und das Ganze per Video-Loop, dramatisiert durch dumpfe Schläge, in die Unendlichkeit befördert, der ist ja wohl auf der Suche. Zum Beispiel nach der Gewissheit der Wiederholung.

Stefan Sandrock hat sich mit seiner Badezimmer-Installation, derzeit in der Bremens Städtischer Galerie zu sehen, selbst einem Ritual unterzogen: dem Bremer Förderpreis für Bildende Kunst. Die seit 1977 jährlich vom Kultursenator verliehene Auszeichnung wirkt nachhaltig. Das Modewort ist angemessen, weil der Prozess der Preisvergabe im Gegensatz zu manch anderer Ausschüttung klug genug angelegt ist, um seinem „Förder“-Präfix gerecht zu werden. Es ist eben kein punktueller 500- bis 10.000-Euro-Klecks, wie ihn mittlerweile bald jede Versicherung, Kommune oder Wohlfahrts-Unterorganisation auslobt, um etwas für das Image und die kahlen Flure zu tun.

Stattdessen werden die Träger der Auszeichnung erst nach einem komplexen Verfahren gefunden. Für Stufe eins sortierte eine Jury aus regionalen Kunstsachverständigen das Bewerberfeld und stellt die Gruppenausstellung zusammen. Dieses Jahr mit elf aus 62 Einsendungen. Darunter ist klassische Malerei ebenso vertreten wie eine sechs Quadratmeter messende „Mona Lisa“ aus Flüssigkreide, Filmmontagen, Halbplastisches aus Wellpappe oder Innenarchitektur.

Ausgewählt wurde etwa Kerstin Drobek. 180 Mal hat sie sich von Passanten an der Wallstreet fotografieren lassen. Immer in der selben Pose, mit schwarzer Perücke und rotem Lackmantel. Entstanden ist eine Art Comic-Sequenz à la Rotkäppchen in der Großstadt. Christian Helwing hingegen hat kurzerhand den hauseigenen Fahrstuhl um eine freitragende Beton-Zunge erweitert, eine Art Sprungbrett.

Passender kann die Preisidee kaum umgesetzt werden. Nachdem das Spektrum drei Wochen lang präsentiert und diskutiert worden ist, kommt – dieses Jahr am 1. April – eine zweite Jury mit überregional renommierten ExpertInnen zum Zuge, die den endgültigen Förderpreisträger kürt. Der oder die bekommt eine Einzelausstellung samt Katalog.

So ist sowohl regionale als auch die bundesweite Kontaktanbahnung gesichert. Wer einmal einjuriert wurde, hat alle Chancen, nicht so schnell wieder im allgemeinen „Ich kenn‘ den nicht – kennst du den?“ zu versickern. Jedenfalls hat es der Bremer Förderpreis geschafft, für einige den nicht unbedingt vorgezeichneten Weg von der Weser nach Paris oder Rom zu ebnen. Mittlerweile sind sechs BremerInnen auf diese Weise in der Villa Massimo angekommen. Aktuell arbeitet dort Astrid Nippoldt, die Preisträgerin von 2001, an ihren Videos. Für den Förderpreis einer Stadt, deren bildnerische Tradition ursprünglich auf dem calvinistischen Bilderverbot „fußt“, ist das keine schlechte Bilanz. HENNING BLEYL

Die Arbeiten sind bis zum 17. April in der Städtischen Galerie Bremen, Buntentorsteinweg, zu sehen