Auf Holzwegen

Das Kieler Parlament debattierte über den Verkauf der Landeswälder. Die Grünen befürchten ein schlechtes Geschäft. Sogar die FDP ist dagegen. Und die schleswig-holsteinischen Jäger – aus Angst vor „Betreten verboten“-Schildern

Ade, du schöner grüner Wald? Die Kieler Regierung will den landeseigenen Forst verkaufen – es geht um rund 50.000 Hektar Baumbestand. Den Vorschlag hatte Staatssekretär Klaus Schlie (CDU) in seinem Bericht zur Entbürokratisierung gemacht.

Gestern wurde das Thema im Landtag beraten, und ausgerechnet die Privatisierungspartei FDP hatte einen Antrag gegen den Kahlschlag gestellt. „Verkehrte Welt“ habe es dazu geheißen, sagte der umweltpolitische Sprecher der Liberalen, Günther Hildebrand. „Ich frage aber: Ist es nicht ‚erkehrte Welt‘, dass Ministerpräsident Peter Harry Carstensen als erster Landesvater in die Geschichte Schleswig-Holsteins eingehen will, der den Wald seiner Landeskinder verscherbelt hat?“

Der Wald sei mehr als seine Holzvorräte, er sei eine öffentliche Aufgabe und solle es bleiben. Reiner Populismus, fand Sandra Redmann (SPD): Auch ohne FDP-Antrag sei ihre Partei gegen den Verkauf. „Angesichts der Haushaltslage darf es der Landesregierung jedoch nicht verwehrt sein, im Landeswald nach Einsparmöglichkeiten zu suchen“, sagte sie weiter. Darüber sei mit Förstern und Waldarbeitern bereits gesprochen worden, in den Gremien würden nun geeignete Lösungen gesucht.

Die SPD kann sich eine Anstalt öffentlichen Rechts vorstellen, die sich einerseits um die Bewirtschaftung, andererseits um Bildung, Erholung und andere Gemeinwohlaufgaben kümmert. „Die Landesregierung hat beschlossen, parallel die Neuorganisation vorzubereiten und nach Möglichkeiten zur Privatisierung zu suchen.“ Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit diesen Fragen. „Auf der Basis dieser Ergebnisse werden wir noch intensive Diskussionen führen müssen“, sagte Redmann.

Die Pläne der Landesregierung hatten für Proteste gesorgt: „Ausverkauf für Naturschutz und Gemeinwohlbelange“, schimpfte Marlies Fritzen, Landesvorsitzende der Grünen. Dass der NABU gegen den Verkauf ist, liegt auf der Hand, aber auch die „Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Jagd in Schleswig-Holstein“ hält laut Berichten nichts von den Plänen: Die Waidmänner fürchten Einschränkungen und „Betreten verboten“-Schilder.

Schleswig-Holstein ist mit rund 150.000 Hektar Baumbestand bundesweit das waldärmste Flächenland: Nur zehn Prozent sind mit Tann und Laub bedeckt. Langfristiges Ziel ist, auf zwölf Prozent aufzuforsten. Schon heute sind gut zwei Drittel der Wälder in Privatbesitz.

Der Landesforst erwirtschaftet jährlich einen Verlust von rund neun Millionen Euro, etwa 0,1 Prozent des Landeshaushaltes. Dennoch stellt sich die Frage, ob ein Verkauf ausgerechnet jetzt sinnvoll ist: Durch die hohen Öl- und Gaspreise ist Brennholz gefragt wie lange nicht mehr, die Förstereien erzielen hohe Umsätze durch den Verkauf. Da die Verluste dennoch nicht gedeckt werden, fragte Lars Harms vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) bei der Debatte: „Wer will sich freiwillig dieses Minusgeschäft ans Bein binden?“

Karl-Martin Hentschel (Grüne) wies darauf hin, dass das Land auch an private Besitzer zahlen müsse, wenn diese ihre Wälder für die Bevölkerung öffnen: „Die Fördermaßnahmen für den Privatwald von 5,8 Millionen Euro jährlich sind fast so hoch wie die für den Staatswald.“ Für Schleswig-Holsteins Wälder sind sechs Landesforstämter zuständig, insgesamt sind 280 Menschen im Forstdienst beschäftigt. Was aus ihnen wird, wenn der Wald verkauft würde, darüber herrscht im Landwirtschaftsministerium noch Schweigen im Walde.

Esther Geißlinger