arzthelferinnen unter druck
: Eine traurige Geschichte

Streik ist derzeit ziemlich in Mode. Überall Plastikleibchen, Papptafeln, Trillerpfeifen. Da machen freilich auch die niedergelassenen Ärzte mit. Nach ihrem Streik im Januar haben sie gestern erneut ihre Praxen geschlossen und in Berlin lautstark protestiert. Über die Gründe dafür kann man vielleicht streiten. Für die Art und Weise aber, wie sie laut Berufsverband der Arzthelferinnen mit ihren Angestellten umgehen, dafür gibt es nur ein einziges Wort: unverschämt.

KOMMENTAR VONBORIS R. ROSENKRANZ

Ohne Arzt keine Behandlung. Okay. Klar. Aber das bedeutet ja nicht, dass in der Praxis während des Streiks nicht gearbeitet werden könnte. Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten, wie mit den Arzthelferinnen umzugehen ist. Erstens: Man bietet ihnen an, zu arbeiten. Papierkram. Aufräumen. Medikamente bestellen. All das erledigen, was auch ohne Arzt funktioniert. Will die Arzthelferin das nicht, kann sie sich alternativ Urlaub nehmen. Auf eigene Kappe. Und die zweite Möglichkeit, die elegantere: Man überzeugt sie, sich mit Papptafel und Trillerpfeife zu bewaffnen und auch zu protestieren. Schließlich hängt ihre eigene berufliche Zukunft unmittelbar von der ihrer Arbeitgeber ab. Aber ihnen gleich mit Konsequenzen zu drohen, wie es in einigen Praxen vorgekommen sein soll? Mit Kündigung? Eine traurige Geschichte.

Und noch etwas ist traurig. Nein, vielmehr peinlich. Die Drohung der Ärzte, die Fußball-WM für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Als ob das Bohei um den amerikanischen Bundestrainer Klinsmann nicht schon absurdes Theater genug wäre. Im Sommer stehen wir womöglich wieder vor verschlossenen Praxistüren. Und nicht nur wir. Auch die Fußballfans, laut Werbeslogan angeblich „zu Gast bei Freunden“. Die Fußball-WM als Projektionsfläche zu benutzen, ist billig. Machen alle. Und für die Arzthelferinnen wäre es obendrein bitter. Sie bekämen noch mehr Zwangsurlaub aufgebrummt.