Rechtsfreier Raum Justizbehörde

PUA-Protokollaffäre: Enger Mitarbeiter von Senator Kusch schickte Geheimpapiere an dessen Rechtsbeistand im Gerichtsverfahren wegen Beugehaft. Opposition sieht direkte Beteiligung Kuschs und erklärt ihn für untragbar

Die Hamburger Justizbehörde sei „zu einem rechtsfreien Raum geworden“, konstatierte gestern Till Steffen, rechtspolitischer Sprecher der GAL-Fraktion in der Bürgerschaft. Justizsenator Roger Kusch (CDU) habe „die Öffentlichkeit über seine wahre Beteiligung an dem Protokoll-Skandal getäuscht“, vermutet auch SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel. Denn aus der Behörde wurde, das hatte zuvor Senatssprecher Lutz Mohaupt bestätigt, ein vertrauliches Protokoll aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Feuerbergstraße an Außenstehende weitergegeben.

Der Rechtsanwalt von Kusch, der Bonner Prof. Wolfgang Löwer, sowie ein Mitarbeiter der CDU-Bundestagsfraktion haben demnach vom Justiziar der Justizbehörde am 1. März per E-Mail eine Unterlage erhalten, welche die Behörde selbst nie hätte haben dürfen: Das Protokoll der Vernehmung Kuschs vor dem PUA am 10. Februar dieses Jahres inklusive einer nichtöffentlichen Passage.

Hinter verschlossenen Türen hatte der PUA darüber debattiert, ob vor Gericht ein Antrag auf Beugehaft gegen Kusch eingereicht werden sollte, weil dieser zuvor die Aussage verweigert hatte. Dieses Zwangsmittel setzte die rot-grüne Opposition per Minderheitenrecht durch, das Verfahren vor dem Amtsgericht ist noch anhängig.

Mithin hat die Leitungsebene der Justizbehörde illegal erhaltene Geheimpapiere an den Rechtsvertreter des Senators weitergeleitet. Für Kuschs Verteidiger dürfte dies, so vermutet die rot-grüne Opposition, bei seiner Erwiderung auf die Beugehaftklage durchaus hilfreich gewesen sein.

„Scheibchenweise kommt jetzt ans Licht, dass die mit engen Kusch-Vertrauten besetzte Leitungsebene der Justizbehörde das geheime Protokoll rechtswidrig quer durch die Republik geschickt hat“, sagte Dressel. Es sei „kaum zu glauben, dass das alles ohne Veranlassung und ohne konkretes Wissen des Senators gelaufen sein soll“. Und für Steffen ist klar, dass Kusch „nach allen üblichen Maßstäben als Justizsenator nicht mehr tragbar ist“. Sven-Michael Veit