„Gas selbst billiger einkaufen“

Delmenhorst machte den Anfang. Nun wollen auch in Bremen Bürger ihre Gasversorgung selbst organisieren – per Energiegenossenschaft. Gründungsvorstand Jürgen Franke erklärt, warum

Interview Armin Simon

taz: Herr Franke, Sie wollen künftig selbst Gasversorger spielen. War das schon immer Ihr Berufsziel?

Jürgen Franke: Sicher nicht. Es war eine Notwendigkeit, hier in Bremen einen solchen Schritt zu machen, weil die Gaspreise viel zu hoch sind und weil wir der Meinung sind, dass wir unser Gas selbst billiger ein- und verkaufen können.

Großabnehmer können Gas aber billiger einkaufen als Kleinabnehmer.

Normalerweise ja. Wenn das Unternehmen aber so groß ist, dass es eine Monopolstellung inne hat, dann liegt der Missbrauch dieser Stellung immer sehr nah.

Der Gaspreis der Stadtwerke Bremen (swb) liegt derzeit bei 5,55 Cent pro Kilowattstunde. Zu welchem Preis könnten Sie Gas anbieten?

Ich denke, dass wir Gas für fünf Cent relativ schnell anbieten können, im Herbst wahrscheinlich, wenn die Liberalisierung des Gasnetzes weiter fortgeschritten ist und wir die Preise für die Durchleitung genau kennen. Wir gehen aber davon aus, dass noch weitere Handelsspannen drin sind, die wir an unsere Kunden weitergeben können.

Die swb bezieht ihr Gas, wie viele Versorger im Norden, von eon ruhrgas. Werden nicht auch Sie so beliefert werden?

Ich glaube nein. Wir werden weiter verhandeln mit den Anrainern der Nordsee, also Großbritannien, Holland, Dänemark und Norwegen, die ja eigene Gasfelder ausbeuten. Wir glauben, dass wir eher von denen Gas bekommen als von eon.

Wer wird künftig Gas von Ihnen beziehen dürfen?

Alle, die der Genossenschaft beigetreten sind.

Wie viele Mitglieder brauchen Sie, um loszulegen?

Wir können mit relativ kleinen Zahlen loslegen, aber der Einkauf wird natürlich erst günstig, wenn wir 2.000 bis 3.000 Mitglieder hier in Bremen haben.

Wie viele der 110.000 GaskundInnen in Bremen werden Sie der swb abspenstig machen?

Ungefähr 12.000.

Nach vorläufiger Auffassung des Bremer Landgerichts waren die letzten Preiserhöhungen der swb ungültig. Gäbe es bei fallenden Preisen noch Bedarf für eine Gasgenossenschaft?

Ja. Die swb muss zunächst einmal einen großen Wasserkopf finanzieren und Dividende für ihre Aktionäre erwirtschaften. Beides ist bei uns nicht der Fall. Selbst wenn wir gleiche Preise im Einkauf hätten, wären wir immer noch günstiger im Verkauf.

Die Gemeinde Ahrensburg in Schleswig-Holstein will ihr Gasnetz zurückkaufen. Ist das auch für Bremen interessant?

Das weiß ich nicht. Bremen hat seine Anteile an der swb ja einst verkauft und hat das Geld verbraucht. Da sehe ich erstmal gar nicht die Chance, dass die Stadt das Netz zurückkaufen kann. Generell aber gibt es schon Überlegungen, ob Netze nicht doch zur Daseinsvorsorge einer Kommune oder eines Landes dazugehören. Die sind letztlich genauso wichtig wie Brot und Wasser.

Wenn das Bremer Gasnetz wieder in kommunaler Hand wäre, würde das Ihre Genossenschaft überflüssig machen?

Nein, überhaupt nicht. Wir sind nur ein Handelsunternehmen und müssen über die Durchleitungspreise verhandeln. Ob mit der Stadt oder der swb, ist uns egal.

Es macht also keinen Unterschied für Sie?

Naja. Vielleicht wäre die Stadt leichter über den Tisch zu ziehen als die swb.