Big Brother – little effect
: Das Auge des Gesetzes

Was für ein Aufschrei wäre vor zehn Jahren durchs Land gegangen, hätte eine Stadt Überwachungskameras auf der Straße installiert. Und heute? Zustimmung. Gleichgültigkeit. Allenfalls diffuses Unwohlsein.

Kommentar von Jan Kahlcke

Längst haben wir uns daran gewöhnt, überall Daten zu hinterlassen, die fast jede Bewegung nachvollziehbar machen. Wir nutzen Kundenkarten, aus denen sich Einkaufsprofile erstellen lassen, nur um ein paar Cent zu sparen. Wir reißen uns um personalisierte WM-Karten, deren RFID-Chips melden können, wann wir im Stadion zur Würstchenbude gehen. Datenschutzmäßig sind wir abgestumpft.

Aber ist Videoüberwachung deswegen gut oder gar notwendig? Sicher ist, dass sie zur Kriminalitätsprävention nicht taugt: Ganoven stellen sich auf die Video-Standorte ein. Spontane Gewaltausbrüche verhindert die Überwachung auch nicht, wie man am Beispiel des Hamburger „S-Bahn-Schubsers“ sehen kann.

Aber die Kameras zielen auch nicht auf die Kriminellen, sondern auf das subjektive Sicherheitsempfinden der übrigen Bürger. Hier könnten sie mehr schaden als nützen: Sie gaukeln Sicherheit vor, die nicht existiert. Sie verdrängen Gewalttäter in die dunkle Seitenstraßen, wo Hilfe weit weg ist. Und nicht zuletzt liefert die Überwachung immer wieder einen guten Vorwand, Streifenpolizisten einzusparen.