die taz vor elf jahren zum einsatz deutscher waffen gegen kurden im Norden iraks
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Fotos, Videos und Augenzeugenberichte. Das gab es schon im letzten Jahr. Auch damals sollten die vorgelegten Indizien nicht ausreichen, der Türkei einen Vertragsbruch, sprich den Einsatz deutscher Waffen gegen die kurdischen Widerstandbewegungen vorzuwerfen. Damals zogen die Bonner Regierungsvertreter die von den verschiedenen Menschenrechtsorganisationen vorgelegten Dokumente in Zweifel, und anschließend fällten sie die Entscheidung, die kurzfristig ausgesetzten Waffenlieferungen an den Nato-Mitgliedsstaat Türkei wiederaufzunehmen. Vor der Wiederaufnahme der Waffenhilfe hatte es die Regierung nicht einmal für nötig erachtet, eigenständig zu prüfen, ob die erhobenen Vorwürfe zutreffend waren oder nicht. Der Verdacht liegt also nahe, daß es auch dieses Mal – entgegen allen offiziellen Verlautbarungen, man werde der Sache schon nachgehen – wieder genauso laufen wird.

Die Bundesregierung drückt sich um ihre Verpflichtung, den Vorwürfen über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei ebenso wie denen über den Einsatz deutscher Waffen gegen Kurden im Nordirak konsequent nachzugehen. Der Bündnispartner Türkei wurde in der Vergangenheit zwar vertraglich verpflichtet, die überlassenen Waffen nicht bei der Verfolgung der kurdischen Arbeiterpartei PKK einzusetzen. Nur will die Regierung gar nicht überprüft wissen, ob der Vertrag eingehalten wird. Ein anderes Motiv mag die Bonner Politiker auch bewegen. Müßte die Bundesregierung den Einsatz deutschen Kriegsgeräts bei der Aufstandsbekämpfung einräumen, wo käme sie hin mit ihrer vollmundigen Ankündigung, militante Kurden in die Türkei abschieben zu wollen? Eine Abschiebung etwa vor die Mündungen deutscher Waffen in Händen türkischer Soldaten? Wer behauptet, daß den Abgeschobenen in der Türkei keine Gefahr von Folter oder Tod droht, der muß konsequenterweise auch leugnen, daß deutsche Waffen dabei eingesetzt werden könnten. Wolfgang Gast, 25. 3. 95