Das dunkelrote Zünglein an der großen Reform

Fliegt die FDP aus einer der Landesregierungen, wird die PDS wichtig – weil im Bundesrat jede Stimme für die Staatsreform gebraucht wird

BERLIN taz ■ Der Bundesrat ist so schön kompliziert, dass kleine Veränderungen an einer Ecke ganz große Auswirkungen an einer ganz anderen bewirken können. So ist es auch diesmal bei den Landtagswahlen, wo sich ja an sich gar nicht so viel verändert. Oder doch?

Es gibt laut Umfragen nur einen echten Wackelkandidaten, und das ist die FDP in Sachsen-Anhalt. Fliegt die FDP aus der Regierung, dann haben die Liberalen in der Länderkammer nur noch Einfluss auf 22 Stimmen. Für einfache Mehrheiten ist das irrelevant, aber für die Verabschiedung der Föderalismusreform ist das durchaus bedeutsam.

Für die Neuordnung der Zuständigkeiten im Bundesstaat wird nämlich eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat gebraucht – wegen der Verfassungsänderungen. Bislang kann die FDP über 26 Stimmen das Verfahren neutralisieren – und die Zweidrittelmehrheit blockieren. Künftig könnte sie dies nicht mehr. Die große Koalition hat dann Einfluss auf 47 Stimmen – eine mehr als zwei Drittel der 69 Voten in der Länderkammer. Der Regierungsverlust in Sachsen-Anhalt könnte also zwei Folgen haben.

Erstens wird eine zweite Stufe der Föderalismusreform unwahrscheinlicher, weil die FDP unwichtiger wird. Bislang sagte die FDP: Wir stimmen der Föderalismusreform I nur zu, wenn eine Föderalismusreform II die Länderfinanzbeziehungen völlig neu sortiert.

Zweitens werden die PDS-Stimmen für die große Staatsreform wichtiger. Denn die große Koalition hätte im Bundesrat nur 40 genuine Unions- und SPD-Stimmen, sie braucht also jede Stimme – auch die der rot-roten Koalitionen Mecklenburg-Vorpommerns und Berlins. Und mindestens die Mecklenburger stehen, so der stellvertretende Ministerpräsident Wolfgang Methling (PDS) zur taz, dem Projekt „sehr kritisch“ gegenüber. CHRISTIAN FÜLLER