sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Am Donnerstagmorgen findet im Verwaltungsgericht (Kirchstraße 7, 11.30 Uhr) ein politischer Prozess statt, auf der Anklagebank sitzt aber diesmal nicht ein armer Aktivist, sondern die Berliner Polizei höchstselbst. Während der Walpurgisnacht-Kundgebungen 2010 und 2011 gab es Sonderabsperrungen der Polizei, und Besucher_innen des Stadtteilladens Zielona Góra e. V. wurden kontrolliert. Die Zielona Góra wurde, sagt sie, zudem überwacht. Dagegen klagt sie und freut sich selbstredend über Prozessbeobach- ter_innen und Medienberichterstattung.

Am Freitag wird im Biergarten Jockel (Ratiborstr. 14 c, 18 Uhr), der malerisch an jenem See liegt, welchen das Zusammentreffen von Landwehrkanal und Neuköllner Schifffahrtskanal ergibt, das nichtkommerzielle Musik- und Kulturfestival Radix eröffnet, das am Samstagnachmittag fortgesetzt wird. Bei diesem Festival geht es um Musik und Speis und Trank, doch eben auch um „die immer stärker um sich greifende Überwachung und Kriminalisierung von kritischen und progressiven Ideen sowie die Verfolgung politisch aktiver Menschen“, wie die Veranstalter_innen betonen. Zudem wird über die Aufstände in der Türkei, in Brasilien und Griechenland informiert. Eine runde Sache!

Am Samstag dann sind die Datenschützer_innen auf den Plan gerufen, denn am Hermannplatz (14 Uhr) startet eine Demonstration gegen Prism, Tempora. XKeyscore und das Utah Data Center. Der Protestmarsch führt zum Brandenburger Tor – warum eigentlich nicht zum Bundesnachrichtendienst? Oder sind „weltweite Proteste“ und die „Solidarität mit Edward Snowden, Bradley Manning und anderen Informationsaktivisten“ – Bradley Manning heißt jetzt übrigens Chelsea – zwar mächtig, die Veranstalter_innen dieser Aufmärsche aber nicht daran interessiert, mit dem Vorwurf der „Nestbeschmutzung“ konfrontiert zu werden?

Am Mittwoch schließlich geht es in der Zielona Góra (Grünbergerstraße 73, 20 Uhr) um die „Kritik des ,grünen‘ Kapitalismus“ – also um jene, die ihr ökologisches Bewusstsein vor sich hertragen, tatsächlich aber glauben, mit einem emissionsfreien Kühlschrank sei das gute Gewissen hergestellt. Franz Garnreiter zeigt, dass hinter dem „grünen“ Kapitalismus der altbekannte wirkt, der Sozialabbau und steigender Arbeitsbelastung und einer autoritären politischen Durchsetzung kapitalistischer Interessen nichts entgegenzusetzen hat. Und nichts entgegensetzen will.

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