Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Sommer und Rom, das geht immer. Auch in William Wylers romantischer Komödie „Roman Holiday“ (1953), in der Audrey Hepburn als jugendliche Prinzessin Anne einen Tag lang ihren staatsfraulichen Repräsentationspflichten entwischt, um zu tun, was junge Leute gern tun: im Straßencafé sitzen und auf geschäftigen Boulevards promenieren, Eis lutschen und Motorroller fahren, Sehenswürdigkeiten besichtigen und im Pyjama schlafen, sich einen modischen Kurzhaarschnitt verpassen lassen, Tanzen gehen – und sich verlieben. Heute würde man das als Coming-of-Age-Film bezeichnen: Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Schritt der Prinzessin ins Dasein als Erwachsene, der auch mit der Emanzipation von ihrer Entourage verbunden sein wird. Der Film lebt von den exzellenten Außenaufnahmen an Originalschauplätzen, vor allem aber von seinen Schauspielern: Neben der entzückenden Hepburn brillieren nicht zuletzt Gregory Peck und Eddie Albert, die ein sympathisch-schlampiges Reporter-Fotografen-Duo abgeben. (OmU, 29. 8. Freiluftkino Mitte)

Einen Film „ohne Anfang und Ende“ hat Jean Renoir sein Meisterwerk „The River“ (1951) genannt, das den gesamten Lebenszyklus von der Geburt bis zum Tod am Beispiel einer sanft und selbstverständlich dahinfließenden Erzählung über drei junge Mädchen in Indien nachvollzieht, die von einem amerikanischen Kriegsveteranen ins Gefühlschaos gestürzt werden. Auch hier geht es um das Erwachsenwerden, aber auch um Engländer in Indien und den Versuch, sich zwischen zwei Kulturen zurechtzufinden. Der Film strahlt dazu in leuchtenden Farben von Rot bis zu einem Grün, das manchmal einfach nicht grün genug war: Dann strich der Production Designer Eugène Lourié den Rasen tatsächlich mit Farbe an. (OF, 1. 9. Arsenal 2)

Bevor er sich auf kommerziell erfolgreichen orchestralen Pop sowie Country-&-Western-Musik verlegte, gehörte Ray Charles zu den einflussreichsten Rhythm-&-Blues-Musikern der 1950er-Jahre, weil er seine vom Gospel inspirierte Soulmusik auch einem weißen Publikum zugänglich machte. Es ist also nur konsequent, wenn Regisseur Taylor Hackford in seiner filmischen Biographie „Ray“ (2004) das langweilige Zeug ausspart und sich auf die Jahre der künstlerischen Höhepunkte beschränkt: Charles’ Musik der Fünfziger war mitreißend, die durch die hämmernden Rhythmen und anzüglichen Texte sexuell aufgeladene Atmosphäre der Clubs ist im Film exzellent getroffen. Dazu gibt Jamie Foxx einen überzeugenden Ray Charles, der hier als egozentrischer und kaltherziger Mensch erscheint, dessen Umgang mit Frauen, Geschäftspartnern und Mitmusikern Fragen aufwirft. (31. 8. Openair Kino Spandau)