Tu felix Austria

ÖSTERREICH A leiwande G’schicht: Erstmals kickt Austria Wien in der Champions League. Das haben sie mit vielen jungen „Eigenbauspielern“ geschafft

WIEN taz | Freudentränen flossen, als die Wiener Austria am Dienstag eine der schönsten Niederlagen ihrer Klubgeschichte feierte. Goalie Heinz Lindner, dessen Paraden die Angreifer oft zur Verzweiflung gebracht hatten, Kapitän Manuel Ortlechner und alle anderen auf dem Spielfeld der der Arena konnten es gar nicht fassen. Das 2:3 gegen Dinamo Zagreb sicherte dank eines 2:0 Auswärtssiegs letzte Woche den Aufstieg in die Gruppenphase der Champions League. Das war zuletzt vor acht Jahren dem ewigen Rivalen Rapid Wien gelungen. Für die Austria ist es eine Premiere. Der Vorstoß in den Klub der 32 besten Mannschaften Europas bringt nicht nur Prestige, sondern zunächst einmal auch zehn Millionen Euro aus den Kassen der Uefa.

Lange Zeit hatte es gar nicht gut ausgesehen. Nach dem frühen Führungstreffer in der 5. Minute waren die Austrianer plötzlich zaghaft geworden. „Die hatten Angst vor dem Gewinnen“, meint Austria-Fan Patrick Moser, der seine Mannschaft nur zu gut kennt. Nach seiner Erfahrung ist es völlig untypisch, dass ihr in der Schlussphase, als alles bereits verloren schien, noch der erlösende Treffer gelang. Ironie des Schicksals: Ausgerechnet der eingewechselte Roman Kienast, der aus einer Rapid-Familie kommt und lange bei den Grün-Weißen gespielt hatte, erzielte das entscheidende Tor. Viel Glück sei dabei gewesen, meint der nach der Feier noch etwas verkaterte Moser. „Wenn die Kroaten nach der 3:1-Führung nicht ihre besten Leute Sammir und Soudani aus dem Spiel genommen hätten, wäre das nicht gelungen“, freute sich Austria-Trainer Nenad Bjelica.

Aber Glück gehört ohnedies immer dazu, wie Bjelica freimütig zugab. Dass er mit dem späten Einsatz von Kienast ein gutes Händchen bewiesen habe, wie manche Kommentatoren jubelten, hält er für „Quatsch“. Das Glück hatte schon bei der Auslosung begonnen. Statt dem Island-Meister Hafnarfjördur und den Kroaten hätte man genauso gut den FC Basel als Gegner erwischen können. Die eigentlich höher bewertete Mannschaft Red Bull Salzburg scheiterte indes an Fenerbahce Istanbul.

Für die Austria macht sich aber auch langsam bezahlt, dass seit mehr als einem Jahrzehnt viel Geld und Zeit in den konsequenten Aufbau von Nachwuchstalenten gesteckt wird. Sie profitiert damit von der kurzen Liebe des launischen Milliardärs Frank Stronach, der 2000 im niederösterreichischen Hollabrunn die Frank-Stronach-Fußballakademie gründete und dann als Alleinsponsor die Austria übernahm. Die Liebe endete, als es dem Verein trotz Ankaufs teurer Spieler nicht gelang, in der Champions League zu reüssieren. 2009 wollte er die Akademie schließen. Doch der Austria gelang es, eine breite Plattform von Sponsoren zu gewinnen und die Nachwuchsschmiede als „Austria Akademie“ weiterzuführen. Dort werden junge Talente im Ganztagsbetrieb betreut. Ähnlich wie im Ski-Gymnasium Stams besuchen die Sportler die Schule, werden aber daneben als Fußballer aufgebaut. Der wohl berühmteste Absolvent ist David Alaba, der mit Bayern München sämtliche Gipfel fußballerischer Träume erklommen hat. Der linke Verteidiger Markus Suttner kam mit 14 Jahren an die Akademie und maturierte dort 2006. Auch der 23-jährige Tormann Heinz Lindner ist Absolvent. Insgesamt stehen im Bundesliga-Team elf „Eigenbauspieler“.

Philipp Hosiner, Torschützenkönig vom Vorjahr, und der tschechische Stürmer Tomás Jun wurden allerdings auf dem Transfermarkt eingekauft.

RALF LEONHARD